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Marten Rijckaert, Landschaft mit dem Sturz des Ikarus, um 1620-30, Eichenholz
Privatsammlung, WRM Dep. 840

Über der Landschaft

28. September 2017

„heiter bis wolkig“ im Wallraf-Richartz-Museum – kunst & gut 10/17

Die Niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts gilt als Goldenes Zeitalter der bildenden Kunst. Als Folge der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte boomte die Kunstproduktion und brachte neben unzähligen Künstlern, die vom Interesse an der Malerei profitierten, Genies wie Rembrandt und Rubens hervor. Zu den bevorzugten Gattungen gehört jetzt die Landschaftsmalerei. Und selbst wenn in diesen Bildern die Landschaft Kulisse bleibt, in der sich etwa Genreszenen oder mythologische Ereignisse abspielen: Die Natur gewinnt nun an Bedeutung und spiegelt die Emotionalität des Geschehens wieder. Oder der Mensch verschwindet ganz und es ist ein urbanes Panorama zu sehen, das in seiner Detailgenauigkeit Auskunft über den Ort und die Beschaffenheit der Natur gibt. Oder die Bäume wachsen einen Berg bis zu den dunkel verhangenen Wolken empor. Dann wieder rückt die Landschaft weiter nach unten, so dass der helle Himmel stärker präsent ist. In den Fokus treten nun die vergänglichen, wenngleich wiederkehrenden Phänomene der Witterung. Diese kann als Sturm über dem Meer toben, sich als Gewitter entladen oder im schönsten Sonnenschein bewölkt oder unbewölkt auftreten. Ein einzelner Lichtstrahl kann aus der Tiefe des blauen Himmels hervorbrechen; vom Regenbogen ganz zu schweigen. Auch die Darstellung der verschiedenen Wolkentypen wurde ein bildnerisches Anliegen, bei dem malerischer Realismus und Fantasie wechselten. Und schließlich sind der Himmel und das Wetter in den Gemälden des niederländischen Barock mitunter Hauptakteure, die erst Geschichten initiieren.

Von all dem berichtet nun die wunderschöne Ausstellung „heiter bis wolkig“, die aus den Sammlungsbeständen des Wallraf-Richartz-Museum zusammengestellt wurde. Sie konzentriert sich auf den Fensterraum innerhalb der Barocksammlung, von dem aus sie sich punktuell in die nächsten Säle fortsetzt. Die Idee zu dieser Ausstellung – die Vertiefung eines Genres innerhalb einer Kultur und einer Epoche – geht auf die Präsentation der Sammlung Bührle vor einem Jahr zurück. Bei dieser konnten erstmals nach Jahrhunderten zwei ursprünglich zusammengehörende Gemälde wieder nebeneinander gezeigt werden. Albert Cuyps „Gewitter über Dordrecht“ (um 1645) ist nun als Leihgabe für „heiter bis wolkig“ in Köln geblieben.

Die Ausstellung umfasst, strukturiert von Wand zu Wand, verschiedene Aspekte des Geschehens, das vom Himmel ausgeht. Wahrscheinlich am dramatischsten oder immerhin doch ereignisreichsten ist die Marinemalerei mit dem teils aufgewühlten Meer. Der Sturm wird erst durch die hohen Wellen, zwischen denen sich das Schiff behauptet, anschaulich. Auf das Panorama ausgerichtet ist hingegen die reine Landschaftsmalerei. Die oft pittoreske Landschaft zieht sich in die Ferne, die Wolken sind Teil des Geschehens. Dann wieder befinden sich Nutztiere in der Natur. Das Licht des Himmels erweitert sich um Sonnenstrahlen, dies führt in der Ausstellung noch zu Bildern mit einem Wetterleuchten, auch als Möglichkeit, eine energiegeladene Farbmalerei zu entwickeln.

Also auch wenn sich die Präsentation im Kern auf einen Saal beschränkt, so liefern doch die insgesamt 17 Gemälde und zwei Wolkenstudien genügend „Stoff“, um die Bedeutung und den Reichtum der Witterung für die damaligen Künstler zu verdeutlichen. Und die Ausstellung setzt sich an einer Wand der nächsten Räume fort. Sie stellt dort Eis- und Winterlandschaften vor und positioniert den grandiosen Hercules Seghers mit seinem „Blick auf Brüssel von Nordosten“ (1625) so, wie man ihn vielleicht noch nicht wahrgenommen hat. Einige Schritte weiter und mit diesen Erfahrungen tritt man Peter Paul Rubens' Gemälde „Juno und Argus“ (um 1610) mit neuer Aufmerksamkeit gegenüber. Nun nimmt man über der mythologischen Handlung erst recht den Regenbogen wahr, der auf das Gefieder des Pfaus trifft. Dass die Maler mit der Hinwendung zur Witterung aber auch ihre Sinne für die Realität schärften, wird im Blick durch die Glasscheiben des Eckraumes selbst deutlich: Über der Archäologischen Zone sehen wir nicht nur Rathaus und Dom, sondern eben auch den Himmel.

„heiter bis wolkig – Naturschauspiele in der niederländischen Malerei“ | bis 4.2. | Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud | 0221 22 12 11 19

THOMAS HIRSCH

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