Im Jahr 2001 ging die Stadt Köln mit einem neuen Förderkonzept für ihre freien Theater an den Start: Die bis 2001 gängige Praxis, nach der Vertreter der Szene selber in Kungelei mit Kulturpolitikern die Förderung für einzelne Häuser und Gruppen abmachten, wurde durch die Einsetzung eines kompetent besetzten Theaterbeirates abgelöst. Sechs – regelmäßig wechselnde und unabhängige – Mitglieder des Beirates entscheiden seither im Vierjahresrhythmus über Konzeptions- gleich Betriebsförderungen und jährlich über Projektförderungen im freien Erwachsenen-, Jugend- und Kindertheater. Die neue Praxis hat in den vergangenen Jahren zu einer Professionalisierung der Szene, zum Zuzug auswärtiger Künstler nach Köln und zu spürbaren Qualitätssteigerungen geführt. Das Konzept hat mittlerweile prominente Nachahmer wie die Stadt Wien gefunden, die ihre Förderung allerdings mit dem 12fachen Betrag – 24 Millionen Euro, statt der Kölner 2 Millionen – ausstattet.
In Köln steht aktuell die Entscheidung für den Förderzeitraum 2011-2014 an, und nach einem ersten Eklat 2001, wo die Politik Entscheidungen des Beirates revidierte und das Gremium damit geschlossen zum Rücktritt zwang, läuft die Stadt gerade wieder Gefahr, dass ihr in weiten Teilen vorbildliches Modell beschmutzt wird: Die Kölner Politik scheint sich schwer zu tun mit unabhängigen, nach Qualitätsmaßstäben getroffenen Entscheidungen, denn nach dem letzten Beschluss um die Konzeptionsförderungen vor vier Jahren, wo man der Versuchung widerstand, die Arbeit des Beirates in Frage zu stellen, baten sich die Kulturpolitiker dennoch das Recht aus, an den Beratungen des Beirates teilnehmen zu können. Und so geschah in diesem Jahr ein gravierender Tabubruch. Zum ersten Mal drangen über einen Kulturpolitiker – der selber von den Entscheidungen betroffen ist – Informationen aus den geheimen Beratungen und eine erste Entscheidung vorab nach außen. An dieser Stelle soll die Gerüchteküche nicht weiter bedient werden.
Die Tatsache alleine, dass Akteure aus anderen Städten über diese Informationen vor den Kölner Protagonisten verfügten, ist unerträglich. Es ist eindeutig: Sind die Beratungen des Theaterbeirates nicht geheim, unabhängig und in der Entscheidung für die Politik bindend, fällt die Stadt bezüglich ihrer Freien Szene in die Steinzeit zurück, die politische Kultur und das Vertrauen in Politik werden insgesamt nachhaltig geschädigt. Im Februar müssen die Entscheidungen nun den Kulturausschuss passieren, um dem Rat der Stadt zur Entscheidung vorgelegt werden zu können. Sollte hier der zweite Tabubruch folgen und einzelne Entscheidungen des Beirates revidiert werden, wäre ein in weiten Teilen vorbildliches Konzept binnen zwei Monaten massiv beschädigt worden. Hier gilt es für die (Kultur)Politik insgesamt, der Versuchung zu widerstehen, ansonsten sind die Folgen nicht nur für die Macher, sondern auch fürs Publikum – große Rückschritte...
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