„I am what I draw/and I draw what I dream/I dream before I think/I think and I fear ...“(„Ich bin was ich zeichne/und ich zeichne was ich träume/Ich träume bevor ich denke/Ich denke und ich fürchte ...“) finden sich handgeschriebene Zeilen an einer unscheinbaren Wandecke der Temporary Gallery. Als ob sie übersehen werden sollten, fordern die blässlich-dünn geschwungenen Kritzeleien dennoch zum Verharren zwischen grobschlächtigem Elektromüll und der benachbarten Film-Doku über die Dekonstruktion eines Mercedes Benz auf. Dazwischen: über Tischrändern schaukelnde Karton-Geschöpfe, Totenfeiern für den Papst, Wanderungen durch die Göttlichkeit der Natur, ein aus Reiskörnern, Muscheln, Blütenblättern, Streichholzschachteln, Schraubenmuttern, Gold, Silber, Kupfer errichtetes Königreich aus Dinglichkeiten, eine Gebirgs- und Höhlenlandschaft (getragen von Rotterdamer Bäumen), politische Statements zu den Themenkomplexen Emanzipation, Diversität, Nachhaltigkeit und nicht zuletzt die Imagination von Löchern in Form von künstlerisch antizipierten Körperöffnungen sowie dunklen und erhellenden kosmischen Dramen.
15 internationale Künstler:innen und Ensembles aus den unterschiedlichsten Genres weben in der Stätte an einem vierdimensionalen Netz aus Verwandtschaften, die das Blut als Grundelixier überwunden und das Unterbewusstsein als oberstes Prinzip für Lebensverbindungen entdeckt haben, das Begrifflichkeiten wie Spezies, Art, Subjekt oder Objekt dem Instinkt als Gefühlseinheit entgegensetzt. So winden sich Tusche, Graphit, Metall, Acryl, Tinte, Schnüre, Öl und Klänge auf ihrem Lebenspfad über Gesteine, Holz und Papier durch virtuelle Welten in eine Richtung vertrauter Ungläubigkeit. Leichter ist es zu trennen als zusammenzufügen, sich in überschaubaren Schubladen zum Schlafen, Sterben oder Vergessen zu betten. „Unruly Kinships“ trotzt diesen allzu menschlichen Gesetzmäßigkeiten mit einem großen Familientreffen, das nicht die Völlerei in Bezug auf Speisen und Getränke bedient, sondern das solidarische Miteinander in einem Labyrinth hallender Fragen zu Schein oder Sein zelebriert. Verirren unmöglich. Hier ist man am rechten Ort. Der Angst angesichts der Idee von Vergänglichkeit folgt ein Lächeln. Die multiple Präsentation wird durch Symposien und zusätzliche Auftritte ergänzt.
Unruly Kinships | bis 30.4. | Temporary Gallery | 0221 30 23 44 66
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