Einer, der vorm Überangebot an Quarksorten verzweifelt. Eine, die ihre Himbeer-Torten-Leidenschaft gerade vorm Kühlregal aufwischt. Ihren Büchern entronnen stehen zwei verkrampfte Geisteswissenschaftler unterm Supermarkt-Neonlicht voreinander. Liebe auf den ersten Blick, so glaubten sie bis dahin, gäbe es nur bei „Nichtlesern“. Martin Heckmanns’ bitter-süße Komödie „Einer und Eine“ ist ein Psychogramm über die Selbstzweifler unserer Zeit. Der preisgekrönte Autor hat eine Vorliebe für den Witz in der Poesie. Nach der missglückten Mannheimer Uraufführung 2012 setzt Regisseur Martin Schulze nun auf die stille Komik des Textes und die schlagende Natürlichkeit seiner Schauspieler.
Grete ist Literaturwissenschaftlerin, liebt Rilke, verdient ihr Geld aber mit der Übersetzung von Gebrauchsanweisungen. Jakob ist Soziologe, telefoniert aber lieber, als face-to-face zu sprechen. In seiner Freizeit ist er Kundenberater bei einer Bausparkasse. Mit bezaubernder Tragikomik und einer Prise Teen-Charme überzeugen Katharina Waldau und Marc Fischer als liebespessimistisches Bühnenpaar mit Hang zur Hoffnung. Die Kommunikation verläuft recht holprig. Zum Glück steht ihnen je ein Erzähler (Jonas Müller-Liljeström und Lissa Schwerm)zur Seite. Ausstatterin Silvie Naunheim verpasst ihnen den vampirischen Look aus schwarzer Rockstar-Klamotte und Ray-Ban Sonnenbrille á la Jim Jarmuschs „Only Lovers Left Alive“ – ein Plädoyer für die ewige Liebe. Abgeklärt pflanzen sie Zweifel in ihre vergeistigten „Egos“ oder verraten deren kauzige Wunsch-Phantasien von gemeinsamen Banküberfällen oder einem abgeschiedenen Leben im Wald. Der elegisch schöne Gitarrensound lässt das Scheitern allerdings schon erahnen. Nach dem Höhepunkt sexueller Nähe siegt die Skepsis: Auf der Bühnenrückwand aus durchsichtigem Plastik liest man jetzt die Episoden-Überschrift „Trennung“. Die Erwartungen, die in Form von romantischen Rilke-Zitaten im Raum stehen, waren zu groß. Reale Partnerschaft ist höchstens noch die Imitation „wahrer“ Liebe.
Schulzes Inszenierung ist so unaufgeregt und klug wie seine Textvorlage. Er bespöttelt die Akademiker-Riege, ohne die Figuren mit all ihren emotionalen Unzulänglichkeiten im Sarkasmus zu ertränken. Am Ende rettet dann doch die Literatur: Ausgerechnet die Erzähler bringen die beiden wieder zueinander – diesmal ohne schicksalhaften Quark und Himbeerbrei.
„Einer und Eine“ | R: Martin Schulze | Do 6.3., Di 18.3., Di 25.3., Sa 29.3. 20 Uhr | Theater der Keller |0221 27 22 09 90
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