Um der Kreativität freien Lauf lassen zu können, brauchen Künstlerinnen und Künstler viel Raum und verschiedenste Ausstellungsmöglichkeiten. Davon sind die Kuratoren Renate Paulsen, Engelbert Becker und Dr. Thomas Plum überzeugt und haben aus eben diesem Grund eine Kooperation mit dem Stammheimer Schlosspark ins Leben gerufen. In der Reihe Kunstgäste bieten sie Künstlerinnen und Künstlern, die dort skulpturale Arbeiten im Freien präsentieren, die Möglichkeit, in einer begleitenden Ausstellung im Kulturbunker weitere Werke zu zeigen. Einzige Bedingung für die Bewerbung: der oder die KünstlerIn muss zeitgleich im Schlosspark ausstellen. So wurden in diesem Jahr bereits zum dritten Mal Arbeiten von drei verschiedenen Künstlerinnen ausgewählt, die in perfektem Zusammenspiel in der Galerie aufeinandertreffen.
Keren Shalev aus Berlin beschäftigt sich in ihren Werken hauptsächlich mit Linien. Passend dazu hat sie eine Raumzeichnung mit Gerüststangen gestaltet, die je nach Ausstellungsort unterschiedlich angepasst wird. Sie erschafft also für jede einzelne Ausstellung ein neues Unikat. Auch ihre Graphitzeichnungen auf Papier verdeutlichen die Vorliebe für lineare Abstraktion. Interessanterweise nehme Shalev auch die Arbeiten anderer KünstlerInnen stets als abstrakte Linien war, erzählt Kurator Engelbert Becker.
Die Kölnerin Christiane Gerda Schmidt arbeitet ebenfalls mit Graphit, allerdings zeichnet sie auf Seide. So ist es ihr möglich, jeden Strich bis ins Detail zu perfektionieren, ohne dass der grobe Untergrund einer herkömmlichen Leinwand die Arbeit stören würde. Ihre Zeichnungen sind so perfekt ausgearbeitet, dass sie beinahe wie eine Fotografie wirken. Zudem kann man 6 Zeichnungen aus der Serie „Erhebungen“ bewundern, in der riesige Bergmassive auf kleinsten Papierausschnitten (10x7cm klein!) gezeichnet wurden.
Die Künstlerin Mari Terauchi stammt aus Ansbach und beschäftigt sich in ihrer Arbeit „Woher kommen sie?“ mit einem Thema, das im Moment in aller Munde ist: Fleisch aus der Massenproduktion. Krisen wie die BSE Seuche und die Geflügelpest inspirierten sie dazu, hinter die Kulissen zu schauen und sich zu fragen: Was essen wir da eigentlich Tag für Tag? Terauchis Gedanken zu dieser Frage werden in ihrem Werk, einer Rauminstallation, gebündelt: Aus Fleischverpackungen, die sie eigenhändig in einem Wertstoffzentrum gesammelt hat, stellt sie Tierskulpturen (momentan Schweine und Hühner, Rinder sind in Planung) her. Es ist ihr sehr wichtig, ausschließlich bereits benutzte Verpackungen für ihre Arbeit zu verwenden. Die Rauminstallation wird von Tonaufnahmen aus einem Mastbetrieb begleitet, die die Künstlerin selbst aufgenommen hat. Der Anblick der Tierskulpturen setzt in Verbindung mit den Aufnahmen beklemmende Gefühle frei. Terauchi sei nicht per se gegen Massenproduktion, betont sie. Ihr sei es lediglich wichtig, die Menschen dazu zu animieren über die Herkunft des Fleisches, das tagtäglich gegessen wird, zu reflektieren. Und das gelingt ihr mit dieser Arbeit allemal!
„kunstgäste #6 | Drei Künstlerinnen aus dem Stammheimer Schlosspark zu Gast im Kulturbunker Mülheim“ | bis 2.7. | Kulturbunker Köln, Berliner Straße 20 | 0221 61 69 26
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