Dixie hat die schärfste Kneipe, hier möchte jeder einmal am Tresen stehen. Die ganze Subkultur ist vertreten, und das ist wörtlich zu verstehen. Denn Dixie, der Wirt, ist ein Mistkäfer, die Halbstarken, die sich am Ende der Theke zusammenrotten, gehören zur Truppe der Kakerlaken, das Mädchen, das an der Stange tanzt, wird flotte Motte genannt und der Held der Geschichte hört zwar auf den Namen Muldoon, ist aber eine Wanze. „Die Wanze“ Muldoon kann unglaublich erzählen.
In Trenchcoat und breitkrempigem Hut liefert Burghard Braun derzeit in der Comedia eine packende Ein-Mann-Show, die dem Text von Paul Shipton folgt. Shipton bewährt sich als mustergültiger Epigone von Raymond Chandler, nur streunt sein Muldoon nicht über die Straßen von Los Angeles, sondern durch einen Garten und gewährt uns einen Blick in die Welt der dortigen Insektenkultur. Die wird von jener Ameisenpolizei in Schach gehalten, die eines Tages zwei Beamte schickt, um Muldoon mit dem Whiskyglas in der Hand vor den Thron ihrer Königin zu schleifen. Eine Gruppe von Ameisen hat sich von der Gemeinschaft abgespalten und beginnt Selbstverwirklichung zu betreiben. Solche Ego-Trips kann die Königin nicht dulden, stellen sie doch eine Gefahr für den diktatorisch geführten Staat dar. Muldoon soll klären, was da los ist. Super cool erzählt die Wanze ihre Story, voller Anspielungen auf die Werke der Populärkultur von Literatur- und Filmwelt.
Burghard Braun legt ein enormes Tempo vor, hat aber dennoch Raum für die Charakterisierung unzähliger Figuren, die eine eigene Stimme erhalten und mit pointierten Gesten aus dem Nichts auf die Bühne gezaubert werden. Karin Eppler, die im letzten Jahr mit „Ellies Biest“ den Kölner Theaterpreis gewann, arrangierte die furiose Detektivgeschichte und schrieb mit Gerd Ritter die Bühnenfassung. Eine Inszenierung für Jugendliche wie Erwachsene, bei der Kölner Premiere lachte man um die Wette. Im Finale treibt man es zwar ein wenig zu toll, wenn die Story des Private Eye in ein Inferno zwischen „Star Wars“ und „Valentinstag“ mündet. Aber geboten bekommt man bei dieser absolut professionell präsentierten Ein-Mann-Show halt ein pralles Vergnügen.
„Die Wanze“ | Regie: Karin Eppler | nächste Termine: 8.-10.2.2012 um 10.30 Uhr, 9.2.2012 um 16 Uhr | Comedia Theater, Vondelstr. 4-8, Köln | Tel. 0221 88 87 70 | www.comedia-koeln.de
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