Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Mensch &Tier und die Machtfrage: nötig ist viel Grün, ein wenig Rot und ein paar schwarze Punkte.
Foto: WH art

Das Tier als Mensch, der Mensch als Tier

30. Juni 2011

Maren Möhring über Animal Studies, funktionale Tiere und Horrorbienen – Thema 07/11 Das Tier und wir

choices: Frau Möhring, was versteht man unter Animal Studies?
Maren Möhring:
Animal Studies befassen sich als neue interdisziplinäre Forschungsrichtung mit der Bedeutung von Tieren und der Tier-Mensch-Beziehung. Im Fokus stehen Prozesse wie die Vermenschlichung von Tieren, aber auch die Grenzen des Wissens über andere Spezies und eine Analyse gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Im Gegensatz zum angelsächsischen Raum sind die Studies hierzulande noch nicht so etabliert.

Es geht also um die Bedeutung der Tiere für unsere Kultur?
Was ein Mensch ist, definiert sich nicht zuletzt über seine Abgrenzung vom Tier. Als Historikerin befasse ich mich vor allem mit den praktischen und politischen Folgen der Grenzziehung zwischen Mensch und Tier.

Zum Beispiel?
Im Zuge der Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften wurden auch Tiere auf bestimmte Funktionen und Räume festgelegt. Das Nutzvieh verschwand aus Wohnhaus und Stadt, wurde im separaten Stall untergebracht und für die Öffentlichkeit unsichtbar, in zentralen Schlachthöfen getötet. Andere Tiere – allen voran Katzen und Hunde – zogen als Familienmitglieder in die städtischen Haushalte ein. Die so genannten Wildtiere wurden dem Außen der menschlichen Kultur, der Natur, zugeordnet und fungieren damit als wichtige Spiegel- und Gegenbilder. Sie erscheinen als Bedrohung, die es zu bändigen gilt, oder als idealisierter Gegenentwurf zur vermeintlich degenerierten modernen Zivilisation. Die Begeisterung der Nationalsozialisten für den Wolf gehört in die zweite Kategorie.

Tiere stehen im Film gerne für Horror.
Einige Tiere sind als „Ungeziefer“ im Grunde vogelfrei. In Horrorfilmen, die Bienenschwärme oder Ameisenhorden als zentrale Protagonisten wählen, äußern sich Ängste vor der Unberechenbarkeit gerade dieser kleinen Wesen, die zusammen eine enorme destruktive Macht entfalten können. Diskurse über die (moderne) Masse haben so in bestimmten Tieren eine wichtige Projektionsfläche gefunden.

Maren Möhring
Foto: Privat
Maren Möhring ist Historikerin und vertritt zu Zeit den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität zu Köln.

Und das Essen von Fleisch?
Erst die industrielle Produktion hat es dem Gros der Bevölkerung ermöglicht, häufig Fleisch zu essen. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute hat sich der Fleischkonsum verdreifacht, wobei das Fleischessen lange Zeit ein wichtiges Statussymbol war, sowohl was den sozialen Status wie das Geschlecht betrifft. Kulturhistorisch ist der Fleischkonsum zudem Gegenstand zahlreicher (religiöser) Speisevorschriften und damit erneut Abbild einer Gesellschaft und ihrer Normen.

Die Diskussion um vegetarische Ernährung hat zugenommen – ein Signal für einen Wertewandel?
Es ist auffällig, dass immer mehr Imbisse vegetarische Speisen anbieten und viele Kochzeitschriften feste Rubriken mit vegetarischen Rezepten eingeführt haben. Vegetarismus gilt nicht mehr als sektiererische Spinnerei. Dabei wird das Essen von Salat immer noch als tendenziell weibliche Praxis betrachtet.

WOLFGANG HIPPE

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Lebensfreude mit Tieren
Auch tierische Helfer haben Probleme – THEMA 06/17 TIERISCH GUT

Tierische Überflieger
Hunde, Frettchen und Bienen tun Dienst am Flughafen Köln/Bonn – Thema 06/17 Tierisch gut

„Die Qualität der Hundenase ist definitiv besser als alle Technik“
Hundetrainer Uwe Friedrich über Hundeerziehung und neue Fährten in der Krebsforschung – Thema 06/17 Tierisch gut

Schlemmen mit Kultur
Das Street Food Festival Köln im Helios 37 – Spezial 02/17

Ehrliches Essen
Nachbericht zum Street Food Festival am Samstag

Der bequeme Feind
Das Max-Planck-Institut gibt Forschung an Primaten auf – THEMA 07/15 VEGANES LEBEN

„Vegan allein macht auch nicht heilig“
Tierleidfrei, fairtrade und ökologisch nachhaltig ist fast unmöglich – Thema 07/15 Veganes Leben

„Tierversuche haben keinen Nutzen für die Forschung“
Ärztin Eva Katharina Kühner von „Ärzte gegen Tierversuche“ – Thema 07/15 Veganes Leben

Vegan essen und leben
Die Filmpalette präsentiert am 12.7. vegane Lebensweisen – Festival 07/14

Fleisch fressen Umwelt auf
Über das Verhältnis von Mensch und Tier – THEMA 07/11 DAS TIER UND WIR

Klassische Musik am Affengehege
Theo Pagel über den Zoobesuch von gestern und heute – Thema 07/11 Das Tier und wir

Dem Tier eine Seele geben
Andreas Blühm über Kunst, Mensch und Tier in Europa – Thema 07/11 Das Tier und wir

Interview

Hier erscheint die Aufforderung!