Sie zählte zu den Modefotografinnen der ersten Stunde. Als Deutschland buchstäblich noch in Trümmern lag, dokumentierte Walde Huth die schüchternen Versuche, aus ein paar geretteten Stoffresten mit Nadel und Faden hübsche Kleidchen zu montieren. Die Knöpfe ein bisschen zu groß, die Aufschläge der Taschen im falschen Muster, egal, die Frauen wollten sich nach den dunklen Jahren des Krieges wieder schön machen. Walde Huth lieferte die Fotos dazu. Im letzten Herbst ist sie mit 88 Jahren in Köln an einer Rauchvergiftung gestorben. 1956 heiratete sie den Architekturfotografen Karl Hugo Schmölz, der mit seiner Kamera den Wiederaufbau des Rheinlands dokumentierte. Später gründeten die beiden das gemeinsame Studio „huth + schmölz“.
Stars waren sie auf ihre Weise beide, aber Walde Huths Karriere als Modefotografin verflüchtigte sich nach der Heirat. Jetzt zeigt in Köln die galerie skala Arbeiten der frühen fünfziger Jahre. 1923 in Stuttgart geboren, eröffnete sie in Esslingen ein eigenes Fotostudio. Im Auftrag der alliierten Besatzer hatte sie 1945 die Einwohner Esslingens für die sogenannte „Kennkarten“-Aktion fotografiert. Auch in ihren Modefotografien spielten die Augen der Models eine besondere Rolle. Sie beleben die Tableaus und präsentieren die Mannequins als Personen und nicht als lebende Kleiderständer. Zu den Besonderheiten der Walde Huth, deren Talent sie innerhalb weniger Monate nach Florenz, Rom und Paris katapultierte, gehörte ihr luftiges Ambiente. Aus dem Studio holte die junge Fotografin die Models auf die Straße, fotografiert sie am Ufer der Seine oder zwischen parkenden Autos auf der Straße. Kein Wunder, dass zu ihren Kunden bald die Modehäuser Givenchy, Balenciaga und Jacques Fath zählten.
Die Ausstellung in der galerie skala zeigt treffend den Wechsel vom deutschen auf das internationale Parkett und die Ähnlichkeit, die Huths Arbeiten in der Wahl des Motivs und der Stilistik mit den Fotografien Richard Avedons besaßen. Trotz ihrer hohen Professionalität zeigt sich aber auch, dass in diesen Aufnahmen noch Entwicklungspotential lag. Letztlich bleibt die Tatsache bedauerlich, dass hier eine Künstlerin ihren Talenten nicht weiter nachgegangen ist. So bleibt die Auswahl der Vintages ein exquisites Zeitdokument.
bis 28.7., Di-Fr 14-18 Uhr, Sa 12-14 Uhr | galerie skala, Lindenstraße 21, Köln | Infos: 0221 21 00 41
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