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„Bilqiss“
Foto: Meyer Originals

Die phallische Aubergine

25. Oktober 2017

„Bilqiss“ im Theater der Keller – Theater am Rhein 11/17

Sie beten beide, der Richter wie auch die von ihm Verurteilte. Beide stehen hinter durchsichtigen  Faltrouleaus, die Hände erhoben. Ist es der gleiche Gott? Nein, sagt Bilqiss. Die junge Frau hat in einem Akt des Übermuts wie der Überzeugung anstelle des besoffenen Muezzins zum Gebet gerufen. Nun wird der provokanten Bilqiss der Prozess gemacht, dessen Ausgang von vornherein feststeht: Steinigung. Der Richter, der sich in die Delinquentin verliebt, verzögert allerdings die Urteilsverkündung immer wieder. Gleichzeitig versucht eine westliche Journalistin, Bilqiss für den Westen feministisch zu instrumentalisieren.

Regisseurin Ulrike Janssen hat Saphia Azzedines 2015 erschienenen Roman dramatisiert und die drei Hauptfiguren mit Frauen besetzt. Franziska Seifert ist eine frech-burschikose Bilquiss, die jeden Vorwurf, wie lackierte Fingernägel, locker sitzendes Kopftuch oder nicht kleingeschnittene Auberginen, locker retourniert. Mitunter etwas zu nonchalant, so dass Bilqiss‘ Religiosität und die Todesverachtung nur mühsam zusammenpassen. Susanne Seuffert fungiert zunächst als Erzählerin und gibt dann der Journalistin Leandra Gestalt. Ins Zentrum des Abends rückt aber Doris Plenert als Richter. Mit fast maskenhaftem Stoizismus gewahrt er seine eigene Irritation, die allmählich in Zuneigung umschlägt. Immer neue Besuche im Gefängnis führen Bilqiss und ihren Richter wieder zusammen. Ihre Leidensgeschichte, die als 13-Jährige mit einem 46-Jährigen verheiratet wird und ihn später erschlägt, korrespondiert mit dem sozialen Aufstieg ihres Widersachers zum Richter.

Die Regie lässt die Protagonisten immer wieder hinter einem Rollosystem auftauchen und verschwinden und strukturiert so geschickt die epische Erzählung. Janssen gibt der Komik des Romans angemessenen Raum, nimmt aber die leichte Überzeichnung der Figuren zurück. Das bringt einen Zugewinn an Glaubwürdigkeit, weil es jede eindimensionale Sicht völlig auflöst. Dass Bilqiss am Ende die Journalistin in ihrem Gutmenschentum und ihrer falschen Funktionalisierung der gläubigen Muslima entlarvt, ist dann nur noch ein Nebenprodukt des Plots.

„Bilqiss“ | R: Ulrike Janssen | 29.10., 26.11. 18 Uhr, 5.12. 20 Uhr | Theater der Keller | 0221 31 80 59

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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