Diesem Magazin stand der klassische europäische Arthausfilm mit seinem Kunstanspruch immer schon am nächsten. Am 14. Oktober erhalten mit dem European Art Cinema Day (EACD) diese Filme und alle, die sie ermöglichen – von den Filmemachern bis zu den Kinobetreibern, die sie zeigen – einen Feiertag. Denn sie sorgen dafür, dass das Kino so vielfältig bleibt, wie wir es kennen und sich nicht immer mehr einer Formatierung unterwirft. Die Initiative des EACD geht auf den 1955 gegründeten CICAE – den internationalen Verband der Filmkunsttheater zurück. Das Netzwerk vereint nationale Kinoverbände, unabhängige Kinos, Filmfestivals und Verleiher und setzt sich für die kulturelle Vielfalt in Kinos und auf Festivals ein. Der EACD will Strukturen auch in weniger stark entwickelten Kinoregionen fördern und generell die Sichtbarkeit des europäischen Films stärken. Mehr als 4000 Leinwände in 36 Ländern sind beteiligt, 10 nationale Arthouse-Kinoverbände und 22 Filmfestivals. Als künstlerische Paten stehen der Aktion die RegisseurInnen Christian Petzold, Alice Rohrwacher und Michel Ocelot zur Seite.
In Köln sind gleich mehrere der traditionsreichen Arthauskinos beteiligt. Dass sie mitmachen, ergibt sich direkt aus ihrem täglichen Programm: „Eigentlich ist jeden Tag bei uns EACD – thematische und sprachliche Vielfalt und das Interesse für die Nachbarn liegt in unseren Genen“, stellt Jürgen Lütz vom Odeon-Kino fest. Doch in der Teilnahme liegt für ihn auch ein Bekenntnis: „Es hat sich etwas verändert in Europa und in Deutschland. Die Grundvoraussetzung für den Kinobesuch – die Fähigkeit zur Empathie – scheint sich in unserer Gesellschaft zurückzuentwickeln, Egoismus und Rassismus sind wieder auf dem Vormarsch. Angesichts dessen hat unsere normale Arbeit für Neugierde und Empathie als Grundvoraussetzungen für ein demokratisches Miteinander eine ganz neue politische Dimension gewonnen.“ Das spiegelt sich auch im Programm wieder, dass das Odeon zum EACD zeigt: Um 11.30 gibt es ein Wiedersehen mit Günther Wallraffs investigativer Doku „Ganz unten“, um 15 Uhr ist die Preview der Romanverfilmung „Der Trafikant“, der im Österreich der Jahre 1937/38 spielt, zu sehen und um 19 Uhr diskutieren zahlreiche Vertreter von NGOs nach der Vorführung der Dokumentation „Unser Saatgut“.
Auch Christian Schmalz vom OFF Broadway und Weisshaus-Kino liegt das politische Zeichen, das von der Aktion ausgeht, am Herzen: „Die europäische Filmkunst ist ein Schwerpunkt im OFF Broadway und im Weisshaus-Kino. Darum liegt es nahe, unsere Programme an diesem europaweit stattfindenden Tag zu präsentieren. Zudem wollen wir durch die Darstellung kultureller Vielfalt und geschichtlicher Zusammenhänge ein Zeichen gegen nationalistische und anti-aufklärerische Tendenzen der jüngsten Zeit setzen.“ Im OFF wird um 15.30 Uhr das Erste Weltkriegs-Drama „Frantz“ von François Ozon gezeigt und nach der Vorführung filmpsychologisch Betrachtet. Um 19 Uhr ist auch hier „Der Trafikant“ mit Bruno Ganz zu sehen. Im Weisshaus widmet sich das KidsKino in „Konferenz der Tiere“ den Themen Umweltverschmutzung und Flucht – anschließend findet ein Filmgespräch statt. Die Preview des Biopics „Astrid“ um 14.45 widmet sich der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren. Des weiteren wird um 17 Uhr als Preview Sönke Wortmans Verfilmung des französischen Theaterstücks „Der Vorname“ mit Christoph Maria Herbst, Iris Berben, Justus von Dohnányi, u.a. gezeigt. Der Film ist gleichzeitig als Preview im Ehrenfelder Arthaus-Kino Cinenova zu sehen, das sich ebenfalls am EACD beteiligt. Im Weisshaus läuft schließlich um 19 Uhr Stanley Kubricks Klassiker „Barry Lyndon“ aus dem Jahr 1975 im Original mit Untertitel.
Natürlich unterstützt auch Dirk Steinkühler von der Filmpalette den EACD, übt aber auch Kritik: „Ich finde es gut und wichtig, dass an einem Tag in ganz Europa die Filmkunst im Mittelpunkt vieler Kinoprogramme steht! Nicht gut finde ich allerdings, dass der Tag in Deutschland jetzt ‚Europäischer Kinotag‘ heißt, zumal dies auch den Charakter des internationalen Titels nur bedingt widerspiegelt.“ Der 15 Uhr-Film der Filmpalette rückt das sprachlich bereits im Titel wieder zurecht: In „Speak up“ erheben europäische Schwarze Frauen ihre Stimme. Auch hier findet anschließend eine Diskussion zum Thema statt. Kino – das zeigt das Programm des European Art Cinema Day – ist mehr als Film, und mehr als ein Raum. Kino ist ein gesellschaftlicher Raum für aktuelle Diskurse.
Europaen Art Cinema Day 2018 | So 14.10. | artcinemaday.org
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