Es gibt 162 Beiträge von juggernaut
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28.04.2004
Da hat jemand (Michael Schorr, Buch und Regie) wirklich seine Hausaufgaben gemacht. Der ?Schultze? hat viel Loriot (wenig reden und/oder aneinander vorbeireden in Wohnzimmer, Kneipe oder Musikverein ?Harmonie?), eine Prise Herbert Knebel (die Sprachdrechseleien des 1. Vorsitzenden der ?Harmonie?), streift Skurriles und Slapstickhaftes (die Tanzeinlage in der Dorfschenke) und Monty-Python-Humor (die Schachpartie), sieht manchmal etwas nach der kargen Dogma-Ästhetik aus und erinnert nicht nur wegen des streckenweise dokumentarischen Looks und der Blaskapellen an zwei der beiden besten deutschen Filme der letzten Zeit, Andreas Dresens ?Herr Wichmann von der CDU? und ?Halbe Treppe?. Und er hat, vor allem, den wirklich großartigen Horst Krause. Der hätte vor 25 Jahren bestimmt auch einen würdigen Bettenverkäufer in einem gewissen Sketch des großen Meisters von Bülow abgegeben...
Nur, es ist halt keine reine Komödie, doch den ? immerhin nicht unvermittelten ? Schluss hätte Schorr vielleicht etwas weniger abrupt servieren können. Und wer Verwandte in den fünf neuen Ländern hat und selber mal ?drüben? war, wird feststellen, dass der ganze Menschenschlag hervorragend getroffen ist ? das beinhaltet aber auch genau jene Perspektivlosigkeit, die zu der immer stärkeren Abwanderungsbewegung aus dem Schauplatz dieses Films (Sachsen-Anhalt) geführt hat und irgendwann eine nahezu entvölkerte Landschaft zu hinterlassen droht.
Ach ja, zwei wiederum eher lustige technische Fehler meine ich noch entdeckt zu haben: Bei der ersten Bootsfahrt Schultzes spiegelt sich in der kleinen Lampe über dem Bootshaus der Kameramann samt Arbeitsgerät. Das müssen sie wohl irgendwann auch gemerkt haben, denn bei späteren Aufnahmen von Schultze auf?m Boot ist die Kameraposition bzw. die Kadrierung verändert. Und bei der ersten Dancefloor-Einlage in einem Ami-Tanzschuppen rennt im verschwommenen, unscharfen Bildhintergrund kurz ein Mitglied des Filmteams durchs Bild. Das sind aber Petitessen, die sich ?versenden?. Ganz im Gegensatz zu der beschwingten Zydeco-Melodie, die bei Schultze den ultimativen Kick auslöst. Die fräst sich auch ins Hirn des Betrachters ein und bleibt da erst mal für den Rest des Abends. Alles in allem wirklich einer der besten langsamen Filme, die ich je gesehen habe.
P.S. Die leckeren Rezepte für ?Jambalaya? und die Barbecue-Garnelen gibt?s übrigens unter www.schultzegetstheblues.de! Vorsicht, was da an Knofi und extra scharf reinkommt, kann mit Sicherheit den stärksten Mann umhauen.
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27.04.2004
Auch bei der zweiten Durchsicht im TV noch genauso fesselnd und faszinierend wie vor knapp zwei Jahren im Kino. Ähnlich wie Amenábars Erstling ?Tesis? verwickelt und spannend bis zum Schluss. Und ähnlich wie bei ?Tesis? wollte er vielleicht des Guten ein bisschen zu viel ? hier noch einen Haken schlagen, da noch eine falsche Fährte auslegen ? und beschädigt damit die Stringenz der Handlung. Ich bin mir nicht sicher, ob das Konstrukt von ?Open your eyes? wirklich aufgeht und in sich geschlossen ist. Ein ziemlich verwirrendes Rätselspiel, man müsste wohl am besten einmal das Drehbuch Szene für Szene sezieren.
Allerdings spielt es meines Erachtens für die Deutung des Films keine Rolle, ob der Schluss (Zeitsprung nach 2145, die eingefrorene Hauptfigur ist wieder aufgetaut, Stichwort ?Kryonik?) wirklich ?für voll? zu nehmen ist und damit in das Genre ?Science-Fiction? fällt. Oder ob alles als ?Virtual Nightmare? (so der erste Verleihtitel 1997) zu verstehen ist, und die Hauptfigur Cesare am Schluss aus einem ebensolchen geweckt wird, und zwar in der filmischen Gegenwart des Jahres 1997. Die ebenfalls mögliche konventionelle Krimiauflösung, nach der alles nur ein böser Trick seiner Geschäftspartner wäre, um Cesare in Wahnsinn und Selbstmord zu treiben und ihn damit aus dem Weg zu räumen, lassen wir mal außen vor. So oder so: Amenábar spielt auf äußerst effektive Weise mit Urängsten, wie Realitäts-, Identitäts- und (im wahrsten Sinne des Wortes) Gesichtsverlust, und der menschlichen Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Ein brillanter, nachhaltig verstörender (Psycho-)Thriller.
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15.04.2004
...an diesem Film ist, dass er die ?Titanic? zu einem weiteren teuflisch lustigen Titelblatt inspiriert hat. Wirklich sehenswert (Das Titelblatt!). Was Mel Gibson anbelangt: Vergib ihm, obwohl er genau wusste, was er tat.
Und zum ?wieder runter kommen? nach dem Film, bzw. als Kontrastprogramm zu Gibsons Blood Feast, ist neben ?Brian? ein weiteres Kleinod aus dem Monty-Python-Fundus ebenfalls sehr zu empfehlen: Der Disput zwischen dem Papst (John Cleese) und Michelangelo (Eric Idle) über die Ausgestaltung des ?Letzten Abendmahls? mit 3 Heilanden, 28 Jüngern und einem Känguru (aus ihrer Live-Show in der Hollywood Bowl). ?Only one redeemer!!?.
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14.04.2004
Ein weiterer Ausflug in Tim Burtons Phantasialand. Selbst wenn dies nicht mal sein bester Film sein sollte, wären immer noch schätzungsweise 98 Prozent aller Regisseure froh, wenn sie ihn hätten drehen können. Burton spielt einfach perfekt auf der Gefühlsklaviatur, bei mir hieß es während des Films schon bald ? und erst recht am Schluss ? ?Jeder Widerstand ist zwecklos?. Hilfreich sind dabei natürlich auch hervorragende Schauspieler, allen voran Albert Finney als alter Edward Bloom. Auch Film-Sohnemann Billy Crudup bestätigt den guten Eindruck, den er z.B. in ?Almost Famous? hinterlassen hatte. Jessica Lange wirkt dagegen in der Tat in den Wangen ?nachbearbeitet? und fällt auch darstellerisch in der Rolle der Mutter/Ehefrau deutlich ab. Burtons Hauskomponist Danny Elfman greift diesmal glücklicherweise nicht zu sehr in die orchestralen Vollen (außer zu Beginn); über Effekte, Ausstattung, Kostüme, Maske etc. gibt es nichts Nachteiliges zu sagen. Und dass solche ?Hoppla, jetzt komm? ich! Was kostet die Welt??-Typen wie der junge Edward Bloom im wirklichen Leben oft eine ziemliche Plage sein können, ist eine ganz andere Geschichte...
P.S. Wenn die deutsche Synchronisation wirklich so grauslich ist: Die Originalfassung läuft im Kölner Metropolis und ist nahezu durchweg gut zu verstehen.
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13.04.2004
Als Kind fand ich am lustigsten an Starsky & Hutch die gezeichnete MAD-Parodie ?Brutalsky & Quatsch?. Tja, in dem Alter wusste man eben (glücklicherweise) noch nichts über ?Kult? und davon, dass etwas nur lange genug zurückliegen muss, um es nostalgisch als solchen zu bezeichnen. Und jetzt also zwei mittelprächtig begabte Komiker in einem leidlich originellen Plot-Aufguss in Spielfilmlänge ? das hätte man sich ebenso gut auch sparen können.
Gespannt darf man allerdings darauf sein, was uns im Zeitalter des Kino-Recyclings noch so alles ins Haus steht. Womöglich demnächst aus gegebenem Anlass ?20 Jahre Supernasen? und gleich hintendran ?Supernose reloaded?. Da sei wer auch immer davor.
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13.04.2004
Ein wahrlich stilbildender Film. Wenn ich mich recht erinnere, kamen die unmöglichen karierten Hosen, die Matt Dillon hier trägt, kurze Zeit später tatsächlich für eine Weile in Mode. Und wenn das Prädikat ?herrlich schmierig? für eine Filmfigur jemals zugetroffen hat, dann für den von Dillon verkörperten Privatdetektiv Healey. Überhaupt sind die Nebenrollen durchweg gut besetzt und kompensieren so auch Ben Stiller, den ich noch nie sonderlich witzig fand. Außerdem gibt Cameron Diaz ein in jeder Beziehung überzeugendes Objekt der Begierde für die ganzen ?Stelzböcke? um sie herum.
Die Gags haben die Farrellys konsequent jenseits der Geschmacksgrenze angesiedelt. Zwar zünden nicht alle gleich gut, aber eine ganze Reihe werden mit Sicherheit im Gedächtnis kleben bleiben. Jedenfalls mehr als die meisten anderen Furz-, Fäkal- und sonstigen F-Wort-Filme, die im Gefolge von ?Verrückt nach Mary? produziert wurden.
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13.04.2004
Natürlich ist ?Hannibal? nicht mit ?Das Schweigen der Lämmer? zu vergleichen. So what? Es ist einfach nur ein mehr oder weniger konventioneller Thriller, der deutlich häufiger visuelle Schock- und Ekeleffekte einsetzt als sein Vorgänger. Nicht unspannend und insgesamt akzeptabel, geadelt durch die Präsenz von Anthony Hopkins.
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08.04.2004
Man liest vorher in den Kritiken, dass dieser Film nicht erklären, sondern nur zeigen will. Keine Antworten, sondern Fragen bzw. Denkanstöße. Ok, so weit, so gut; schließlich stehen ja alle, die sich berufsmäßig mit dem Phänomen beschäftigen (wie Soziologen, Pädagogen usw), einigermaßen ratlos vor dieser Art der Gewalt, die "aus der Mitte der Gesellschaft" entspringt, wie es immer so schön heißt. Also kann man den Ansatz, den van Sant gewählt hat, zunächst einmal akzeptieren.
Das ändert aber nichts daran, das ich hier einen Spielfilm vor mir habe, den ich letzten Endes auch unter filmischen Gesichtspunkten für mich bewerte. Und da fällt "Elephant" glatt durch. Endlose Kamerafahrten bzw. -gänge verfolgen die rund ein Dutzend Figuren auf ihrem Weg durch die Räume und Gänge der Schule (Hoffentlich hat der Steadycam-Operator wenigstens ein angemessenes Kilometergeld bekommen). Es passiert eine Stunde lang fast nichts, gesprochen wird auch nicht viel. Wir schauen z.B. mehrere Minuten einem der Schüler beim Entwickeln eines Fotofilms zu. Gut, es gehört vielleicht zu van Sants Herangehensweise dazu, dass man die ganz banalen, alltäglichen Dinge zeigen muss, die sich an einer Schule abspielen, und auf Personalisierung und Einzelschicksale weitgehend verzichtet. Aber dieses Wenige, was man über die einzelnen Figuren mitbekommt, reicht nicht dazu aus, sich um sie zu "sorgen", wie es bei einem Spielfilm zumindest meistens üblich ist.
Es sorgt stattdessen für fürchterliche Langeweile (und Ärger, an einigen Stellen). Es hilft nichts, ich kann mit dem Regiestil von Mr van Sant einfach nichts anfangen. Der bislang schlechteste Film, den ich dieses Jahr gesehen habe.
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24.03.2004
Ein auch für nicht im Buddhismus (oder anderen fernöstlichen Religionen) vorgebildete Wessis wie mich zugänglicher Film. Denn dieser Lebenszyklus enthält eine Menge Menschliches, allzu Menschliches, das unabhängig vom Kulturkreis, in dem man aufgewachsen ist, nachvollziehbar ist. Das gilt besonders für die Kapitel ?Frühling? und ?Sommer?, in denen der Schüler des alten Mönchs zunächst als Kind und dann als heftig mit den ersten großen Gefühlen ringender Jüngling gezeigt wird. Der Junge verlässt daraufhin die Mönchsklause auf dem Bergsee, um seiner Geliebten zu folgen ? und die Prophezeiung seines Lehrmeisters zu bestätigen, dass ?Begierde zu Abhängigkeit führt und aus Abhängigkeit Mordgedanken entstehen?. Nachdem er eine lange Strafe für den Mord an seiner Frau verbüßt hat und zur Besinnung gekommen ist, kehrt er zu dem einsamen Bergsee zurück, und das Spiel beginnt von neuem, als er nun seinerseits einen Schüler bekommt.
Dass dem Ganzen eigentlich ein ziemlich pessimistisches Menschenbild zugrunde liegt, versüßt der Film durch sehr schöne Bilder. Besonders die satten Panoramaeinstellungen des abgeschiedenen Sees inmitten von manchmal nebelverhangenen Wäldern tun ihre Wirkung über die vier Jahreszeiten hindurch. Stark in Szene gesetzt sind auch die stilisierten, teilweise artistischen Freiluftübungen des inzwischen erwachsenen Mönchs im ?Winter?, zwischen Eiskaskaden oder auf dem zugefrorenen See. Buddha bei die Fische: der Film ist sehenswert.
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22.03.2004
Die schnelle, elliptische Erzählweise funktioniert anderthalb Stunden lang ziemlich gut. Am Schluss geht dem Film dann sichtlich die Puste und auch die Stimmigkeit aus; da meinte Fatih Akin wohl, auf das Erklären von Zusammenhängen völlig verzichten zu können. Die über weite Strecken guten schauspielerischen Leistungen halten allerdings das Interesse wach, insbesondere Birol Ünels zerfurchtes Gesicht legt eindrucksvoll Zeugnis ab von ? wahrscheinlich auch ?in echt? ? gelebtem Leben. Der ganz große Wurf ist ?Gegen die Wand? indes noch nicht. Mir hat Akins Erstling ?Kurz und Schmerzlos? seinerzeit besser gefallen.
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