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Danh Võ, Shove it up your ass, you faggot, 2013, zwei Äste mit mehrfarbigen Holzschnitzereien, im Hintergrund drei Fotografien von Peter Hujar, installiert: 68 x 441 x 148 cm Charlotte Feng Ford Collection, New York, © Danh Võ
Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln / Britta Schlier

In Stücken

27. August 2015

Danh Võ im Museum Ludwig – kunst & gut 09/15

Auch auf den zweiten Blick überraschen die Arbeiten von Danh Võ im Museum Ludwig. Danh Võ versteht sich primär als Bildhauer, aber das schließt den konzeptuellen Ansatz und den Zugriff auf andere Medien nicht aus. Er arbeitet bevorzugt mit Ready-mades, die er vielleicht auch reproduziert oder von denen er Teile nimmt und sie mit weiteren Elementen kombiniert. Dabei ist allen diesen Objektmontagen wie auch den Textarbeiten gemeinsam, dass sie uns in ihrer Konzentriertheit und Stille zum Staunen bringen. Sie kehren eine feine ästhetische Erscheinung dort nach außen, wo wir es kaum erwarten. Auf gestapelte Kartons sind die Schriftzüge von Zigarettenmarken mit Goldfarbe gedruckt, daneben stehen Whiskeyflaschen, deren goldgelb schimmernde Flüssigkeitsreste kostbar wirken. Einerseits scheinen die Kartons und Flaschen unbedacht abgestellt, andererseits halten sie im langgestreckten Raum links und rechts vom Eingang die Balance. Wie Schmuggelware und Konsumartikel im globalen Warenverkehr bleiben sie hier halb im Verborgenen.

Danh Võs Kunst ereignet sich in der Anspielung. Präzise in der Formsetzung erzählt sie geheimnisvolle Geschichten. Dahinter findet sich ein Strang an Themen, die von Nomadentum und Migration, von Identität, Heimat und Heimatlosigkeit und den Funktionsweisen heutiger Gesellschaften, von Freiheit und der Eingebundenheit in kulturelle und soziologische Zusammenhänge, von Konsum und von ikonischen und religiösen Symbolen handeln. Bei der Arbeit „Shove it up your ass, you faggot“ (2015) erhebt sich ein Ast wie Rodins berühmter Adèle-Torso über den Boden und senkt sich wieder hinab. Die Zweige sind entfernt, die Rinde ist geglättet. Dazu hat Danh Võ einen weiteren Ast eingepasst. Und an zwei Enden befinden sich Figurenfragmente von Puppen: eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger und die untere Körperhälfte. An den Wänden hängen s/w-Fotoarbeiten von Peter Hujar (1934-75), dessen Werk gerade in Künstlerkreisen hoch geschätzt wird. Danh Võ versteht ihn in Köln als kongenialen Partner, den er auch an anderen Stellen der Ausstellung einbezieht. Hier nun tritt die Ast-Konstruktion in einen Dialog mit Fotografien, die um Aspekte wie Oberfläche, Körperlichkeit, Materialität und das Transitorische des Lebens kreisen. In einem anderen Raum hängt dann der Torso eines traditionellen Schmerzensmannes in Holz, ohne Arme und Haupt. Es scheint, als würden die Skulpturen über die Räume hinweg eine Verbindung eingehen. Hinzu kommt noch Hujars Fotografie „Study of Thek‘s Hand“ (1967).

Danh Võ stellt naheliegende und komplexe Beziehungen her mit Motiven, die im Fragmentarischen assoziativ wirken. Das Fragment kennzeichnet ebenso die größte Arbeit der Kölner Ausstellung – und auch da gehört die Unvollständigkeit zum Werk. „We The People“ (2011-13) besteht aus mehreren aneinander anschließenden Kupferflächen, die von der Freiheitsstatue abgegossen sind – wobei die anderen Teile mittlerweile durch den Kunstbetrieb über die ganze Welt zerstreut sind. Danh Võs Skulptur, die aus der weitgehenden Abwesenheit in der gedanklichen Einheit besteht, ist Ausdruck von Ortlosigkeit und Zeichen für das Scheitern der Idee von Freiheit und Heimat.

Danh Võ wurde 1975 in Vietnam geboren. Er ist in Kopenhagen aufgewachsen und hat in Berlin studiert. Als Wohnorte gibt er heute Berlin und Mexiko an – tatsächlich ist als Künstler mit weltweiter Anerkennung meistens auf Reisen. Das alles ist in der zeitgenössischen Kunst nichts Besonderes, aber bei ihm führt dies zu einem reflektierenden und zitierenden Arbeiten, welches auf Dialog und Austausch setzt. Er verknüpft Orte, Zeiten, Mythen und Alltag als Vergegenwärtigung in Zeiten, in denen alles immateriell und vorübergehend zu werden droht.

„Danh Võ – Ydob eht ni mraw si ti“ | bis 25.10. | Museum Ludwig | 0221 22 12 61 65

Thomas Hirsch

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