Was ist geblieben, was ist neu, zumal das Parkgelände erweitert wurde? Die sechste Ausgabe der Skulpturen-Schau an der Riehler Straße zeigt etliche neue Arbeiten. Entsprechend sind einige der bisherigen zu ihren Leihgebern zurückgekehrt. Allerdings wiegen die Verluste stärker als die Gewinne bei diesem an sich wunderbaren Projekt. Gewiss agieren die Arbeiten gut in der Landschaft, es gelingt die Balance zwischen bekannten und unbekannten Künstlern – ja, es gibt einige schöne Entdeckungen – aber insgesamt bleibt die Mehrzahl der Neuzugänge dieser von Friedrich Meschede kuratierten Ausstellung doch zu sehr Form, und diese ist oft konventionell und leider spannungslos. Zum Eindrucksvollsten gehören infolgedessen vor allem Arbeiten, die von früheren Ausstellungen geblieben sind – etwa von Dan Graham, Zobernig, Trockel, Pernice.
Natürlich gibt es Herausragendes unter den neuen Beiträgen, allen voran Thomas Schütte, dessen Brunnenskulptur sich ihren Ort sozusagen mitgebracht hat. Als ganz einfache, gemauerte Architektur und definierte Ruhezone zeigt sie ein Frauengesicht, aus dessen Augen und Mund Wasser fließt, welches durch den Titel „Weinende Frau“ begründet ist. Die Arbeit von Martin Boyce, die hohe inhaltliche Komplexität verspricht, beeindruckt durch die Präzision der formalen Lösungen. Thomas Kiesewetter, den wir nicht auf der Rechnung hatten, gelingt es bei seinem „Broken Butterflies (Version 1)“ ein konventionelles Material (Eisen) mit vernutzten Flächen in eine machtvoll unbegreifliche und überzeitlich konstruktive Körperlichkeit zu verwandeln. Die demgegenüber ausgesprochene nüchterne Holzskulptur von Olaf Holzapfel ist in ihrer Offenheit zwischen Architektur und Gerüst nicht nur für sich gut, sondern nett ist auch, dass die Hasen schnell Zutrauen gefasst haben. Auf das Landschaftliche hin ist der vielleicht wichtigste Beitrag unter den neuen Werken konzipiert, die „Garden Gallery“ des Japaners Sou Fujimoto. Dieser hat eine zum Himmel offene, aus Faltungen und mit Durchbrüchen entwickelte weiße Architektur errichtet. Drinnen befinden sich neben mehreren Bäumchen die Stahlskulptur des Schweizer Bildhauers Paul Suter und die als Raster wirkende Wandarbeit von Hubert Kiecol, welche mit dem Verlauf und der Struktur dieser Architektur in einen wirkungsvollen Dialog treten. Bereits dafür lohnt der (übrigens kostenlose) Besuch des Skulpturenparks.
Umso unbegreiflicher bleibt, was sich Florian Slotawa erlauben durfte: Er hat zentrale Skulpturen von ihrem bisherigen, bedachten Platz weggeholt und allzu eng nach Größe und nach Form angeordnet. Aber das ist derart banal und platt, dass es eine Beleidigung der Intelligenz des Betrachters und eine Gemeinheit gegenüber den Kollegen und den Qualitäten, Konzepten von deren Arbeiten ist. Jede dieser Skulpturen von Shapiro, Willing, di Suvero, Förg, Rehberger, Kapoor, Byars hat für sich mehr mitzuteilen, als Slotawa hier zusammenbringt. Ein guter Künstler im Innenraum, scheitert er draußen kläglich und sorgt für Verluste im Gelände. – Suchen wir uns dort also neue Höhepunkte: den Hubschrauber von Michael Sailsdorfer auf dem Dach und das demolierte Auto von Dirk Skreber im Krater knapp unterhalb der Wiese. Immerhin, das Beste bleibt!
"KölnSkulptur #6" I bis Mai 2013 I Stiftung Skulpturenpark Köln www.skulpturenparkkoeln.de
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