Im Jahr 2009 verabschiedet, führt der Kölner Kulturentwicklungsplan Anfang 2012 ein Mauerblümchendasein. Nicht, weil er inhaltlich mangelhaft wäre oder weil von Seiten der Stadt kein Geld ausgegeben würde – nein, alleine die Sanierungsmaßnahmen der Städtischen Bühnen verschlingen 293 Millionen Euro. Diese Investitionen sind jetzt nötig, weil vorangegangene Generationen von Ratspolitikern ihre städtischen Kultureinrichtungen auf Kosten späterer Generationen haben verrotten lassen und somit jeder Kulturentwicklung im Jetzt den Atem nehmen. Man muss also genau hinsehen, wenn Ausgaben für Bausanierung oder das Nichtkürzen der Förderung Freier Kultur auf einem beispiellos niedrigen Niveau als Erfolge für mehr Kultur in Köln gefeiert werden. Bezüglich der Förderinstrumente hat sich in den einzelnen Sparten in den letzten Jahren einiges getan; diese sind leider zahnlos, weil finanziell lächerlich ausgestattet.
Die GRÜNEN nahmen die laufenden Haushaltsberatungen nun zum Anlass, zu einer Podiumsdiskussion zum Thema zu laden: Reinhart Richter, Berater für Kulturentwicklungsplanung aus Osnabrück, der die Ausarbeitung und Auswertung von insgesamt 30 kommunalen Entwicklungsplänen begleitet hat, legte denn auch sogleich den Finger in die Kölner Wunde. Der Kölner Kulturentwicklungsplan sei auf dem Papier beispielgebend, in der Umsetzung trete jedoch immer wieder derselbe Fehler auf, „die Missachtung der Investitionen in Menschen“, welche das kulturelle Leben einer Stadt maßgeblich prägen, zu Gunsten von repräsentativen Kulturbauten. Er schlägt vor, die Stadt selber solle sich verpflichten, automatisch 1% der Summe kommunaler Baumaßnahmen in Freie Kulturprojekte und -institutionen zu investieren. Das wären im Falle der Sanierung der Kölner Bühnen immerhin 2,93 Millionen Euro. Dies ist ein interessanter Gedanke auch vor dem Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzungen zwischen dem Kölner Opernintendanten Uwe Erik Laufenberg und seinem Dienstherren Oberbürgermeister Jürgen Roters. In einem Brief meldet Laufenberg sich krank und verkündet, sein Haus sei ohne eine Etaterhöhung um 5 Millionen Euro nicht mehr spielfähig. Es ist unbestritten, dass die Kölner Oper gemessen an ihren Ansprüchen unterfinanziert ist, aber auch hier stellen sich Fragen der Verhältnismäßigkeit und der Verteilungsgerechtigkeit gegenüber freien Kulturinstitutionen, Theatern, Tanzkompanien und Theaterensembles. Auch hier wäre eine automatische prozentuale Kopplung der Zuschüsse sinnvoll.
Was dem Kölner Kulturentwicklungsplan trotz hoher Qualität fehlt, sind konkrete Zielsetzungen sowie eine Flexibilität, auf neue kulturelle Strömungen schnell – mit „Risikokapital“ – reagieren zu können. Auch werden die einzelnen Sparten Musik, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Medien usw. immer separiert gedacht. An keiner Stelle findet sich der in die Zukunft gerichtete Gedanke, die Sparten auch institutionell zu vernetzen: Warum muss man z. B. einen Kammermusiksaal unabhängig von Freier Theater- und Tanzszene oder Ausstellungsmöglichkeiten für junge Nachwuchskünstler sehen? Da hat dann doch ein überkommenes bürgerliches Kulturverständnis bei der Verfassung des Kulturentwicklungsplanes die Feder geführt. Gerade in der Vernetzung schlummern Synergieeffekte, die dem einen oder anderen Ratspolitiker den finanziellen Horror vor dem Kulturentwicklungsplan nähmen ...
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