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„Tschick"
Foto: Meyer Originals

Schnoddrig echt

27. November 2014

„Tschick" im Theater der Keller – Theater am Rhein 12/14

Maik geht in die achte Klasse und ist einer, der nicht zu angesagten Partys eingeladen wird. Sein neuer Mitschüler, der Russlanddeutsche Tschick, gehört auch nicht dazu, aber er ist älter und irgendwie cool. Die Jungen freunden sich an und brechen in den Sommerferien zu einem abenteuerlichen Trip in einem geklauten Lada Niva Richtung Walachei auf. Unterwegs begegnen die Außenseiter anderen schrägen Individuen und philosophieren über das Leben, die Liebe, den Tod, Sex und Crime.

In der Saison 2012/13 war Robert Koalls Dramatisierung von Wolfgang Herrndorfs Bestseller mit 764 Aufführungen an deutschen Bühnen der Spitzenreiter – und stellte damit sogar den alten „Faust" (380 Mal gespielt) in den Schatten. Jetzt ist das Stück erstmals in Köln zu sehen, als Abschlussproduktion mit Absolventen der „Schauspielschule der Keller".

Ein theatrales Roadmovie ist gerade für eine kleine Bühne eine Herausforderung. Doch Regisseurin Anna-Lena Kühner wartet nicht nur mit Tempo, Witz und Gespür für jugendliche Befindlichkeiten auf, sondern hat auch viele gute Ideen, um die räumliche Enge vergessen zu machen. Wenn die Jungs (klasse: Emil Schwarz und Manuel Bashirpour) fahren, dient eine Holzkiste mit Rollen als Auto; ihre zeitweise Weggefährtin, das Müllkippen-Mädchen Isa (auch stark in wechselnden Rollen: Franziska Ferrari), liefert dazu einen in der Geschwindigkeit variierenden, absurd-vergnüglichen Clayderman-Soundtrack.

Überhaupt gibt es reichlich musikalische Stimmungsuntermalung, wenn die Darsteller ohne Scheu vor großen Gefühlen in Songs wie „I Love It" oder „Truly Madly Deeply" ausbrechen oder die Saiten glühen lassen. Das rockt und springt einen genauso authentisch, jung, wild und lebendig an wie die explodierenden Partyraketen, Wasserspiele oder die Discokugel, die mit handgemachten Grillen-Geräuschen eine Sternennacht herbeizaubert.

Geschmeidig gelingen auch die Wechsel zwischen Retrospektive und Spielszenen. Die gut geschriebenen Dialoge sind schnoddrig echt gesprochen. Eine Inszenierung, die mit Humor und Tiefgang ein jugendliches Publikum abholt und Ältere zurück in die Teenager-Zeit katapultiert.

„Tschick" | R: Anna-Lena Kühner | Theater der Keller | 2., 6., 9., 16., 17., 20., 29., 30.12. 20 Uhr | 0221 27 22 09 90

JESSICA DÜSTER

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