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Frank Köllges/Klaus Huber
Fotos: Hyou Vielz/Ars Vitalis

Verabredete Dadaisten

26. Januar 2012

Frank Köllges und Klaus Huber sind tot – Theaterleben 02/12

Wenn ein sich selber freiwillig zusammenwürfelndes Orchester begnadeter Musiker auf die zuckenden Gesten eines Frontmannes reagiert – die teils klein den einzelnen zum Solo auffordern, teils mit großer Geste das große Rund von Trompete bis Elektro-Rad zum Kollektiven Bums ermutigen – wenn diese Freidenker auf den fuchtelnden Steuermann „hören“ und das große Ganze, obwohl es in jeder Sekunde wieder zusammenzubrechen droht, fast unfreiwillig einen höheren Sinn ergibt, dann muss dieser Frontmann etwas ganz Besonderes sein. Der Schlagzeuger, Komponist und Performance-Künstler Frank Köllges war etwas ganz Besonderes. Er verstarb am 1. Januar 2012 in Neuss.

1969 gründete Köllges die Performance-Gruppe „padlt noidlt“, ehe er von 1970 bis 1975 an den Musikhochschulen in Graz und Köln studierte. 1979 wurde padlt noidlt „das wahnsinnige Orchester“ des Zirkus Roncalli. In den 1980ern gründete er mit weiteren Weggefährten die Gruppe „Klimarkant“ sowie die Industrial-Band „Die Krupps“. Eines ihrer Werke: „Die Stahlwerksinfonie“. Nach weiteren Ausbildungen als Sozialpädagoge und Steuermann an Bord des Segelschulschiffes „Sigandor“ eröffnete er mit seinem Ensemble „Adam Noidlt Intermission“ 1987 die documenta in Kassel. Unvergessen sind die Abende, als der Nachmieter seines Lofts in Köln-Mülheim – und dies war Teil des Wohnungsdeals – immer am letzten Freitag im Monat seine Türen für die Adam-Noidlt-Musiker und Besucher bis in die Morgenstunden öffnen musste. Improvisierte Musik, Live-Zeichnungen und Bohnensuppe in einer Kölner Privatwohnung. Augen auf beim Unterzeichnen von Mietverträgen! Toll! Bis zuletzt spielten „Adam Noidlt Missiles“ die Freitage dann im Kunsthaus Rhenania. Die Raupe Nimmersatt, der geniale Tausendsassa bei unzähligen Festivals, Theater-, Rundfunk- und Fernsehprojekten ist zur Ruhe gekommen ... die Totentrommel, welche er anlässlich der Beerdigung einer Kölner Schauspielkollegin auf dem Südfriedhof anschlug, ist endgültig verstummt.

Der 1. Januar 2012 war kein guter Tag, denn neben Frank Köllges verstarb am Neujahrstag ein weiterer markanter kluger Kopf der hiesigen Szene – Klaus Huber. Mit Peter Wilmanns und Buddy Sacher bildete Huber seit 1979 die gigantische Musik-Kabarettgruppe ARS VITALIS. Selbst bezeichnen sie sich seit 30 Jahren als „Die Enkel des Pierre de Naufrage“, der als belgischer Schleusenwärter allerlei Höllenmaschinen erfunden haben soll: „Naufrage etwa bedeutet im Wortsinn Schiffbruch und im übertragenen Sinn das Schwinden wahnwitziger Hoffnungen, das Aus jeder Utopien.“ Über sich selber schrieben Ars Vitalis: „Und wenn die drei Männer inzwischen auch gelernt haben, in ganzen Sätzen zu sprechen ... zuweilen fällt ein Wort ins Niemandsland zwischen Bühne und Publikum, und eine erstaunliche Suche beginnt, denn mehrere Töne sind dem Wort hinterhergesprungen und fehlen nun auch ...“

Die genialen Dadaisten Frank Köllges und Klaus Huber scheinen entgegen ihrer Gepflogenheiten für den 1. Januar 2012 eine Verabredung getroffen zu haben – sie sind dem Leben von der Schippe gesprungen und treiben ihren göttlichen Unfug fortan woanders. Was für eine Lücke! Was für ein Verlust ...

JÖRG FÜRST

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