Südkorea ist drei Jahre lang Partnerland des 9. Kunst- und Künstleraustauschs „Transfer“ unter der Leitung des NRWKultursekretariats in Wuppertal. Für Direktor Dr. Christian Esch ist das eine wirklich neue Stufe der Verbindungen zwischen beiden Ländern.Neben der Förderung ambitionierter bildender Künstler durch Gastaufenthalte und Ausstellungen zielt das Transfer-Projekt vor allem auf die Annäherung und wechselseitige Bekanntmachung unterschiedlicher Kunstszenen. Während Südkorea schon lange mit der westlichen Kunst vertraut ist, gilt es die dynamische koreanische Kunstszene mit ihren eigenständigen Positionen hierzulande erst noch zu entdecken. Bis Mitte Oktober residieren die sieben koreanischen KünstlerInnen noch in Bonn, Düsseldorf und Hagen. Ab Oktober 2013 wird es dann eigenständige, aber aufeinander abgestimmte Ausstellungen in Korea und NRW geben, mit Werken der insgesamt 14 „Transfer“-Künstler.
choices: Herr Esch, das Kultursekretariat stand einmal dafür, das zu fördern, was es schwer hat. Haben es diese 14 Künstler aus Deutschland und Südkorea besonders schwer?
Christian Esch: Das Kultursekretariat hat mit diesem Slogan gearbeitet, arbeitet aber nicht mehr damit. Nicht, weil wir in dieser Hinsicht die Arbeit geändert hätten, sondern weil er so schlecht gelaunt klingt. Wir arbeiten weiterhin mehr an den Stellen, an denen andere weniger arbeiten. Und fördern so etwas, was an einer anderen Stelle nicht gefördert würde. Das gilt auch hier. Mit Korea hat bisher auf der Kunstebene – in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus – so noch keiner einen Austausch gemacht. Wir bringen Künstlerinnen und Künstler zusammen, die sonst nicht zusammenfänden, und wir bringen Kunstszenen miteinander in Berührung, die traditionell eigentlich schon miteinander in Berührung sein müssten – denken wir an die Düsseldorfer Kunstakademie und Nam June Paik.
Es fällt auf, dass fast alle Koreaner in Europa studiert haben.
Das ist gar kein Zufall. Wenn Sie nach Korea fahren und dort mit Künstlerinnen und Künstlern sprechen, stellen Sie fest, dass fast alle diese Beziehung zum Westen und häufig zu Europa haben, dann wieder sehr häufig zu Deutschland und dort wieder zu Nordrhein-Westfalen. Die Orientierung in Korea ist stark westlich, aber sie steht auch in einem besonderen Verhältnis zum Westen. Das zu zeigen und darauf im Dialog auch einzugehen ist ein ganz wichtiges Thema: East meets West, Kunstmarkt traditionell trifft Kunstorientierung mit einem leicht anderen Verständnis.
Also der Blick eines Koreaners, der in Europa künstlerisch groß geworden ist, zurück auf Europa?
Ein Beispiel: Die Künstlerin Seoung Won Won hat in Düsseldorf studiert, spricht flüssig Deutsch und lebt jetzt schon lange in Korea. Als sie damals zurückkam nach Korea, stellte sie fest, dass es dort sehr schwer ist, als Künstler zu leben – weswegen sie auch immer wieder einen neuen und auch neugierigen Blick auf den Westen wirft und den Versuch unternimmt, quasi über den Westen in Korea Fuß zu fassen. Der Blick nach Westen von Korea aus ist also auch der Blick ins eigene Land.
Drei Jahre sind eine lange Zeit. Verläuft sich da so ein Projekt nicht?
Sie ist notwendig, weil sich der Transfer als ein Prozess versteht, dessen Verlauf nicht zum „Verlaufen“ tendiert, sondern der die Kunstszenen über einen längeren Zeitraum intensiver miteinander und untereinander in den Dialog bringt – und damit eine Grundlage schafft, dass sich diese Entwicklungen eigenständig fortsetzen, wenn der Transfer mit den Ausstellungen endet. Deswegen brauchen wir einen so langen Zeitraum mit den vielen Elementen, die dazugehören. Das entspricht auch ganz meiner Philosophie, mit den kompetenten und interessierten Menschen – also mit den Menschen, um die es eigentlich geht – so zu arbeiten, dass sie ihre eigenen Wege gehen können und nicht diese Wege vorzuzeichnen.
Mit Nordkorea war keine Zusammenarbeit möglich?
Wir haben es nicht versucht.
Der internationale Aspekt steht bei den Bildende Kunst-Förderungen des Kultursekretariats im Vordergrund – warum ist das so?
Das ist insgesamt nicht so. Natürlich in Bezug auf Transfer, aber nicht, wenn ich zum Beispiel an die Museumsplattform denke, wo es um die Museen in Nordrhein-Westfalen geht. Wir zielen darauf, dass nordrhein-westfälische Menschen die Museen auch besuchen und sich mit Kunst dort auseinandersetzen. Wir sind da auf verschiedenen Ebenen unterwegs.
Unterhalb der Museumsebene gibt es im Moment aber nichts?
Nein. Wie schon gesagt fördern wir das, was andere nicht unbedingt fördern. Künstler-Residenzen werden von anderen gefördert, Künstleraustauschprogramme werden, jenseits dieses Prozessualen wie beim Transfer, gefördert, es gibt Ausstellungsaustausch und Kuratorenaustausch. Wir versuchen, nicht noch mal das zu machen, was andere machen, sondern wir arbeiten bewusst für die Lücken.
Welcher Transfer wird nach dem mit Korea stattfinden?
Das ist noch nicht klar. Es gibt ein paar Überlegungen, die wir mit den Museen vor Ort gerade ventilieren.
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