Es ist die Achillesverse jeder Kulturförderung: Ihre mangelnde Verankerung in den Verfassungen von Bund, Ländern und Gemeinden als Pflichtaufgabe. Die Initiative des Ministeriums FKJKS des Landes NRW – des Ministeriums für fast alles und damit auch für die Kultur –, deren Förderung in der Landesverfassung erstmals gesetzlich zu verankern, ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen. Schaut man sich den Gesetzesentwurf genauer an, so tritt leider wieder Ernüchterung ein. Neben dem ersichtlichen Bestreben, konkrete Handlungsfelder zu definieren und für eine Entbürokratisierung der gängigen Förderpraxis einzutreten, heißt es unter Punkt G lapidar: „Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte: Keine.“ Das heißt, auch zukünftig ist die Kultur für sparwütige oder kulturferne Lokal- & Landespolitiker zum Abschuss freigegeben. Gefährlich für eine freie, unabhängige Kulturszene ist gar die dort geforderte Kopplung der Kulturförderung an andere Handlungsfelder: „Um ihre Zukunftsaufgaben bewältigen zu können, muss sich die Kulturpolitik noch stärker als bisher als Strukturpolitik verstehen: Zum einen muss die kulturelle Infrastruktur im Lande gezielt zukunftsfähig gemacht werden. Zum andern muss die Kulturförderung als bedeutender Faktor der allgemeinen strukturellen Entwicklung des Landes betrachtet und in ihren Auswirkungen auf andere politische Handlungsfelder (z.B. Tourismus oder Stadtentwicklung) gestaltet werden.“ Puh.
Insgesamt liest man aus dem seitenlangen Entwurf heraus, wie schwer – ja fast unüberwindlich – es zu sein scheint, zwischen den Grundrechten auf Selbstverwirklichung durch Kunst und der Teilhabe an Kultur auf der einen Seite und dem Diktat der Finanzen und dem Kulturskeptizismus auf der anderen Seite zu vermitteln.
Ein Eiertanz, den man aus Köln gut kennt. Hier wird gerade ein neues Kapitel aufgeschlagen anhand dessen man das beschriebene Dilemma hautnah wird miterleben können: Da ist die faszinierende Idee des Intendanten des Kölner Schauspiels Stefan Bachmann, die Interimsspielstätte im Mülheimer Carlswerk auch nach Beendigung der Sanierungsarbeiten an Schauspiel und Oper am Offenbachplatz für die Darstellende Kunst der städtischen Bühnen sowie die Freie Theater- und Tanzszene zu erhalten. Da sind – und das ist neu und überaus erfreulich – die zustimmenden Bekundungen von Oberbürgermeister Jürgen Roters und der Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Und: Da ist die Rot-Grüne-Ratsmehrheit, die es nun in der zweiten Legislaturperiode nicht schaffen wird, die richtigen finanziellen Schwerpunkte für die Zukunft Kölns zu setzen – geschweige denn den Kölner Haushalt zu sanieren.
Mit Spannung erwarten wir auch die Erklärung der Stadtregierung, warum es – trotz öffentlicher Förderung und damit indirektem öffentlichen Auftrag – auch zukünftig nicht möglich sein wird, den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn für Künstler und Mitarbeiter der freien Theater- und Tanzszene in Köln zu garantieren. Damit würde die Stadt auch zukünftig von sittenwidrigen Arbeitsverhältnissen profitieren. Auch anhand dieser von uns einzufordernden Erklärung werden sich Sinn, Wert und Wirkungsmacht des NRW-Kulturfördergesetzes bemessen lassen.
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