Noch immer ist der Zweite Weltkrieg täglich in den TV-Medien: Man sieht Helden an der Front und zukunftsweisende Waffentechnik. Unter dem Deckmäntelchen von Dokumentation und historischer Aufarbeitung werden die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Völkern für den Zuschauer zu Mysterien, während ihre Sinnlosigkeit unerwähnt bleibt. Wie sollte es auch anders sein? Zahllose Kriege werden auch aktuell in unserem Namen geführt, schließlich lässt sich ja gut daran verdienen!
Im Bonner Frauenmuseum ist jetzt die Ausstellung „Mascha, Nina und Katjuscha – Frauen in der Roten Armee – 1941-1945“ zu sehen, die die Sinnlosigkeit des Krieges sichtbar macht. Es wird gezeigt, wozu auch Frauen im Kriegseinsatz fähig sind – ein Aspekt, der von der männlich dominierten Geschichtsschreibung oft vernachlässigt wird. Die Frauen der Roten Armee stellen hier keine Ausnahme dar, auch wenn sich schon früher Schreckensbilder und Mythen um sie rankten: Den Deutschen galten sie als „Flintenweiber“, als herausragende Beispiele bedrohlicher Entartung.
Ganz anders in der sowjetischen Propaganda der Kriegsjahre. Dort erschienen Frauen fast ausschließlich als Helferinnen des kämpfenden Mannes. Selten wurden sie auch als Angehörige der Fronttruppen erwähnt. Im schroffen Gegensatz zu den männlichen Soldaten erfuhr die große Mehrheit der Rotarmistinnen weder Heroisierung noch Verehrung als Veteranen. „Frauen an der Front“ ist aber beileibe kein Thema einer fernen Vergangenheit. Auch heute leisten Frauen in vielen Armeen Dienst, so auch in der Bundeswehr. „Zweifellos war der Kriegseinsatz von Frauen in der Roten Armee der konsequenteste Vorläufer dieser Entwicklung“, so Marianne Pitzen, Direktorin des Bonner Museums.
Die Ausstellung fördert neben dem großen historischen Rahmen auch einzelne Schicksale zutage, wie das der Telefonistin Marija Wasiljewna Oktjabrskaja: Sie hatte durch ihre vormilitärische Ausbildung sowie durch Sanitätslehrgänge gute Voraussetzungen für ihren Einsatz an der Front. Zudem besaß sie eine für Frauen damals seltene Fahrerlaubnis. Gebracht hat ihr all das letztlich wenig. Sie wurde Panzerkommandantin und starb 1944 an einer schweren Verletzung im Smolensker Lazarett. Anderen erging es nicht besser.
Viele der alten Fotos zeigen nachdenkliche, erschöpft wirkende junge Frauen, Bilder eines Schreckens, der vom Frauenmuseum künstlerisch interpretiert wird. So wirkt die Einraum-Installation „Dangerous Playground“ der Bochumer Künstlerin Monika Ortmann zum Beispiel wie ein Echo: Großformatige Bilder von malträtierten Puppengesichtern, deren Ausdrücke ebenso nachdenklich und erschöpft wirken wie die der Frauen im Krieg, sind von ihr um einen knallroten Sandkasten gehängt worden, auf dem sich ein Kind und ein Panzer Aug in Rohr gegenüberstehen.
Am Ende des Krieges sind fast alle der 800.000 weiblichen Soldaten der roten Armee demobilisiert worden und bis heute nicht in den historischen Erinnerungsstrukturen präsent. Zu Unrecht! Das gilt auch für die Frauen der deutschen Armee. Auch sie wurden nicht selten diffamiert und hatten es im Anschluss an den Krieg schwer, wieder ein normales Leben zu führen und eine Familie zu gründen. Viele Soldatinnen entschieden sich aus diesem Grund sogar dafür, ihren Fronteinsatz zu verschweigen.
„Mascha + Nina + Katjuscha – Frauen in der Roten Armee“ | bis 21.5. | Frauenmuseum Bonn | 0228 69 13 44
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