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Requisit aus "Raumpatrouille Orion": das Bügeleisen aus der Kommandozentrale
Foto: Martin Magunia

Die Welt ist nie futuristisch genug

24. Januar 2013

Die Ausstellung „Science Fiction in Deutschland“ in Bonn – Kunstwandel 02/13

Hyperspace plus Schlafende plus Montor (was immer das auch war) retteten einst die Erde vorm von den Frogs gelenkten Schnellläufer. Der Planet wurde durch das aufgeladene Raumschiff Orion zerstört, im Starlight-Casino waren daraufhin die Bürokraten schwerelos.

Diese Fernsehserie (1966) war das Highlight im schwarzweißen Fernsehbetrieb der 1960er Jahre. Außer sogenannten Groschenromanen gab es damals nicht viel, was das Jugendherz metallisch schlagen ließ, außer natürlich unseren Mann im All – Perry Rhodan, der seit 1961 die Geschicke der Menschheit überwachte und locker acht Jahre vor einem gewissen Herrn Armstrong den Mond erreichte.

Mit futuristischen Gesellschaftsmodellen, der Erforschung „unendlicher Weiten“ oder Endzeit- und Katastrophenszenarien spricht Science Fiction bis heute ein breites Publikum an, greift Träume und Ängste der Menschen auf. Deshalb zeigt das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn in der Ausstellung „Science Fiction in Deutschland“ auch die Verknüpfung mit der Zeitgeschichte und den Einfluss des Genres auf Bereiche des Alltagslebens wie Design, Mode oder Spielzeug.

Am Beginn des modernen Science-Fiction-Films steht in den 1920er Jahren Fritz Lang mit seinen Werken „Metropolis“ und „Die Frau im Mond“, die weit über Deutschlands Grenzen hinaus wirken. In den 1950er Jahren stehen eher Schreckensszenarien in postnuklearen Welten und UFO-Invasionen im Vordergrund. Aber auch innovative Geschichten wie „Forbidden Planet“ (USA, 1956) mit dem damals noch knackigen Leslie Nielsen als Commander John J. Adams. Schon vor der Rhodan-Serie entsteht in der DDR mit „Der schweigende Stern“ (DDR, PL, 1960) die erste Großproduktion der DEFA in diesem Genre. Zukunftsromane wie Günther Krupkats „Als die Götter starben“ (1963) stehen bis heute auf den Bestenlisten gesamtdeutscher SF-Autoren. Ein zwei Meter großes Alien bewacht in Bonn die Ausstellung, in der man sich wie in einem gelandeten Raumschiff fühlt. Zahlreiche digitale Geräusche und Kommandostationen wie in der Orion laden zum Lauschen und Spielen ein. Es ist für Fans ein Run durch die Erinnerungen und eine kleine Devotionalien-Kammer, etwa mit dem Modell des „Metropolis“-Roboters (nebst vielen Fotos der durchgeschwitzten Brigitte Helm vom Dreh) oder einem Original-Kostüm von Leutnant Tamara Jagellovsk (Eva Pflug) vom Galaktischen Sicherheitsdienst. Originalausgaben diverser Romane, Filmplakate, Videoschnipsel kann man entdecken, und über allem thront die heilige Enterprise und zischt Darth Vader, die von Hollywood aus das Genre in den 1970ern in ungeahnte Kino-Höhen zogen.

In Deutschland war man unspektakulär erfolgreich, man denke an Tom Toelles und Wolfgang Menges damals sehr umstrittenes „Millionenspiel“ (1970) oder auch Rainer Werner Fassbinders Genialfiction „Welt am Draht“ von 1973, in der die Realität hinter einer Matrix kaum noch zu erkennen ist. Erst 1999 wird ein ähnlicher Inhalt in den USA zum Thema gemacht. Noch zischelt Vader neben dem Besucher, hört man Commander Cliff Allister McLane (Dietmar Schönherr) von ferne brüllen, dann steht man wieder im hohen Foyer bei dem unheimlichen Wesen aus einer fremden Welt und denkt an Sigourney Weaver.

„Science Fiction in Deutschland“ | bis 10.3. | Haus der Geschichte, Bonn | Eintritt ist frei

PETER ORTMANN

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