Ein weltberühmtes Zeugnis der Römer in Köln zeigt das Römisch-Germanische Museum rund um die Uhr: Durch die Fensterscheiben ist das „Dionysosmosaik“ im Untergeschoss auch von draußen zu sehen. Ursprünglich fungierte es hier, an dieser Stelle, als Fußboden des Speisesaals einer römischen Stadtvilla. Es stammt aus der Zeit um 220/230 n. Chr., zu welcher Köln als Teil des Imperium Romanum längst etabliert war. 50 n. Chr. hatte Kaiser Claudius die Stadt zur römischen Kolonie erhoben, zur „Colonia Claudia Ara Aggripinensium“. Die Kolonialisierung von Köln und der Gegenden am Rhein fand über lange Zeit in einem allmählichen Prozess statt, und diese Geschichte liegt nun anhand der eigenen Bestände und etlicher Leihgaben der Ausstellung „14 AD“ zugrunde.
Der Ausstellungstitel bezieht sich auf den Tod des Augustus vor exakt 2000 Jahren. Der Imperator Caesar Augustus hatte seit dem zweiten Jahrzehnt vor Christus nach und nach die Gegenden am Rhein besetzt, befriedet und in das Imperium Romanum eingegliedert. Die Stammesfehden unter den Germanen wurden durch die römische Berufsarmee beendet, zugleich wurde der Zuzug auswärtiger Stämme kontrolliert und die Infrastruktur ausgebaut. Freilich kam mit der Niederlage des Varus im Teutoburger Wald und der Vernichtung von Teilen der römischen Rheinarmee durch eine germanische Stammeskoalition zeitweilig wieder Unruhe im Verhältnis der Germanen und Römer auf. Auch wenn Tiberius (der später die Nachfolge von Augustus antreten sollte) die Rheingrenze wieder sichern konnte, blieb in den nächsten Jahren die Situation fragil, erst recht durch den Tod von Augustus, der Streitigkeiten um seine Nachfolge auslöste und in der Folge Meutereien der Legionen mit sich brachte.
Vom Leben in dieser Zeit handelt nun die aktuelle Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum. Sie umfasst in etwa die Jahre um Christi Geburt bis zum Tod des Augustus im Oppidum Ubiorum, wie Köln in der frühen Kaiserzeit genannt wurde. Sie bezieht dabei alle Bereiche des militärischen, familiären und gesellschaftlichen Lebens ein. So sind nicht nur Zeugnisse der Kriegshandlungen – etwa Helme und Schwerter (in einer Kopie auch das des Tiberius) – zu sehen, sondern auch Grabstelen, Grabbeigaben und Hausrat, Münzen sowieso, auch Büsten, etwa zu Augustus selbst. Eines in weißem Marmor ist auf einem Sockel präsentiert: Es zeigt den Imperator als jungen Mann, als er noch Octavian hieß. Er tritt so in Erscheinung, wie er von seinen Untergebenen gesehen werden wollte: als zupackender junger Mann mit einem ebenmäßigen Gesicht und dichtem lockigen Haar, welches von einer Lockenzange begrenzt ist, anhand welcher er auf Porträtbüsten und Skulpturen sofort zu erkennen war. Von den verschiedenen, von Augustus und seiner Verwaltung beschlossenen und publizierten Bildnistypen ist der hier ausgestellte sog. Primaporta-Typus der verbreitetste. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ausstellung ist die Präsenz der Römer mit Militärlagern und Siedlungen an verschiedenen Orten am Rhein und besonders am Niederrhein.
Und doch, so viel Attraktives ist es nicht, was von diesen bewegten historischen Jahren in Köln, im Rheinland und am Niederrhein gesichert werden konnte. Und der Katalog macht in seiner Komprimierung der historischen Ereignisse und Überfülle an peripheren Hintergründen nicht gerade Spaß. Er hat etwas Trockenes und Zerstreutes. Trotz der souveränen Präsentation kommt kein rechtes Leben in die Ausstellungsräume – das gelingt dann, auf einen Schlag, dem „Dionysosmosaik“, aber das ist eine andere Geschichte.
„14 AD – Römische Herrschaft am Rhein“ | bis 19.10. | Römisch-Germanisches Museum | 0221 221 244 38
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