So richtig eingängig waren die Themen und Konzepte der Jahresausstellung im KOLUMBA, dem Kunstmuseum der Erzdiözese Köln, noch nie. Sie nehmen sich allerdings auch sehr viel auf einmal vor. Sie vermitteln zwischen dem sakralen Kunstschaffen und der zeitgenössischen Kunst, zwischen Alt und Neu, illustrierend christlich und in der Anmutung freigeistig. Etwa zwischen dem mittelalterlichen liturgischen Gegenstand und einem monochromen Gemälde unserer Tage. Transzendenz und Kontemplation stellen sich hier wie da ein, diesem Museum geht es gerade darum zu zeigen, wie Heilsbotschaften im heutigen Gewand auftreten können und welche Rolle Ritual und Kunst dabei spielen.
Das alles gilt nun auch für die aktuelle Ausstellung. Bezugspunkt ist das Dokument „Gaudium et Spes“ (Freude und Hoffnung), welches das Zweite Vatikanische Konzil 1965 verabschiedet hat, und der Titel „playing by heart“ (die englische Bezeichnung für „auswendig spielen“) meint die Glückserfahrung in der Aneignung eines Kunstwerkes. Diese Glückserfahrung, so schreibt das Team des KOLUMBA, „ist gleichzeitig Metapher für ein ganzheitliches, kreatives und fürsorgliches Verhältnis zur Welt, zu sich selbst und zum Nächsten“.
Fundament dieser Ausstellung ist die eigene Sammlung. Einen Schwerpunkt der Präsentation bildet das Werk des Malers und Objektkünstlers Michael Buthe, der vor 70 Jahren geboren wurde und vor 20 Jahren verstorben ist. Schon allein für Buthes Arbeiten lohnt sich der Besuch der Ausstellung. Neben der monumentalen Arbeit u.a. aus Kupferplatten und riesigen Kerzenhaltern „Die heilige Nacht der Jungfräulichkeit“, die Buthe auf der documenta 1992 gezeigt hat und die im KOLUMBA schon länger installiert ist und mit der „Tragedia civile“ von Jannis Kounellis korrespondiert, ist jetzt auch sein anrührendes Objekt „Der Wanderer“ (1972) zu sehen, das mit seinen Naturmaterialien und in seiner Kleinheit bescheiden wirkt, ja, fast übersehen werden könnte.
Ein weiterer „Hauptkünstler“ dieser Ausstellung ist der ebenfalls früh verstorbene Heinz Breloh. Zu sehen ist u.a. eine Gruppe abstrakt-amorpher, glasierter Keramiken, welche glitzern und leuchten und dadurch faktische Leiblichkeit mit lichterfüllter Transparenz verbinden. An die Schöpfung erinnert im Stockwerk darunter die Wand mit kleinformatigen Papierarbeiten etlicher Künstler zur Natur und Kreatürlichkeit. Vielleicht weist sie hier auch auf das berühmte Gemälde „Madonna mit dem Veilchen“ (vor 1450) von Stefan Lochner, das ein Highlight des Museums ist. Also es gibt noch viel zu dieser Ausstellung und zum KOLUMBA zu sagen und zur bedachten freien Kombinatorik der Präsentation, die einmal mehr funktioniert.
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