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Michael Buthe, Die Heiligen Drei Könige, 1989, Fundholz, Stühle, Körbe, Federn, Glühlampe, Farbe. Schenkung Michael Buthe Estate, Köln. - Dahinter: Maria vom Erbarmer (Nuestra Señora de las Mercedes) und zwei Heilige des Mercedarier-Ordens Potosi/Bolivien, Ende 18. Jh., Öl auf Leinwand. Schenkung Marga und Günther K. Motz
© Nachlass Michael Buthe; Kolumba

Wieder da

13. November 2019

Die neue Jahresausstellung in Kolumba – kunst & gut 11/19

Kolumba als Museum der Diözese besitzt eine tolle, manchmal zu kurz kommende Sammlung zu sakraler Kunst und Kultur seit dem Mittelalter, die assoziativ mit Gegenwartskunst sowie Design des 20. Jahrhundert verwoben wird. Jeweils im Herbst wechselt die Ausstellung. Aber es gibt einige Leitkünstler – Paul Thek, Bernhard Leitner, Anna und Bernhard Johannes Blume etwa – und einzelne Werke, welche permanent auftreten, die „Veilchenmadonna“ von Stefan Lochner oder die „Tragedia Civile“ von Jannis Kounellis. Viele der zeitgenössischen Künstler leben oder lebten in Köln, bleiben einzelgängerisch und fürchten in ihrem Werk weder Tod noch Teufel noch Kunstkritik – wie wunderbar! In der neuen Jahresausstellung nun vermitteln sie ihre Perspektiven auf geschichtliche Zäsuren im 20. Jahrhundert hierzulande, wobei „Aufbruch“ auch symbolisch für heute gelten soll.

Viele Papierarbeiten gibt es diesmal zu sehen, gleich im ersten Stockwerk. Sie handeln vom Umgang mit dem Ersten Weltkrieg, den Erfahrungen an der Front und der Rolle des christlichen Glaubens. Die Zwischenkriegsjahre waren die Zeit der Avantgarden, etwa mit den Gruppen „Junges Rheinland“ und „Kölner Progressive“ und mit den Dadaisten, die sich ebenfalls in Köln in Szene setzten, ebenso wie das Bauhaus, dessen Manifest 1919 entstand. Später fand der Aufbruch aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs statt. 1949 wurde die Kolumba-Kapelle geweiht.

Für das Zurechtfinden der Kunst in den Nachkriegsjahren werden Werke der informellen Maler Hann Trier, Joseph Faßbender, Hubert Berke oder Werner Schriefers hinzugezogen. Mitunter verweist die Ausstellung auf die Literatur (etwa die Gruppe 47 oder Heinrich Böll), wobei die späten 1960er Jahre mit der Politisierung der Kunst unscharf bleiben. Betont wird hingegen ihre Unangepasstheit, schon im Aufkommen individueller Mythologien und im Interesse an der Ethnologie, besonders mit Michael Buthe und Michael Oppitz. Ein bisschen setzt sich das fort im 1986 von Ulrich Tillmann mit Bettina Gruber und Maria Vedder in Köln erfundenen fiktiven „Klaus Peter Schnüttger-Webs Museum“, das Tillmann fast vier Jahrzehnte beschäftigt hat und in Kolumba in adäquate Form gesetzt ist. Von hier hört man bereits das Grammophon aus André Philip Lemkes „Circus 3001“, das übrigens vor einem Jahrzehnt in seiner Ausstellung „back in town“ in der artothek zu sehen war: Im allerletzten Raum in Kolumba werden die Reste vom Lemkes Zirkus nun, gemeinsam mit zwei Bildern von Blalla W. Hallmann, wieder aufgeführt.

Ganz am Anfang der Jahresausstellung aber steht eine Skulptur der ebenfalls hier ansässigen, großartigen Victoria Bell. Mit dem Material Holz greift sie Duchamps Metapher des Propellers mit archaischen Mitteln auf und hinterfragt so technischen Fortschritt und wissenschaftliche Erkenntnisse. Geht Fortschritt nicht mit Aufbruch einher und erwächst die beste Kunst nicht aus Bedürfnissen und Krisenzeiten? Dass Victoria Bell noch auf die Überwindung der Schwerkraft und indirekt die Raumfahrt anspielt, die ein Bild von Blalla Hallmann mit einer hier auch ausgestellten Skulptur von Erich Bödeker verbindet: umso besser, umso komplexer.

1919 49 69ff. Aufbrüche | bis 17.8.20 | Kolumba | 0221 93 31 93 32

Thomas Hirsch

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