Deutsche Landschaft, deutsche Barhocker und deutsche Schauspieler. Damit lässt sich eine Expedition ins Innere einer neofaschistischen Partei starten. „Inside AfD“ heißt die neueste Produktion des Nö-Theaters. Vor einem lieblichen Wiesenprospekt versammelten sich die programmatischen Spektralfarben der Partei: Die intellektuelle, medial geschulte Quotenfrau (Lucia Schulz), der tumbe Rechtsausleger (Felix Höfner) und der vernetzte Entscheider (Slim Weidenfeld) – alle in Schottenröcken. Im Rahmen einer Parteiveranstaltung soll Björn Höcke als VIP-Act ein paar rechtsradikale Kohlen ins Feuer legen. Doch der Großmeister der demagogischen Provokation bleibt aus. Die Warteschleife wird für das Trio erlebte Erfahrung bis zur völligen Vertauschung von Texten und Geschlechtern. Nachdem Höckes letzter Tweet über den Senegal als hermeneutisch unzugänglich eingestuft wird, machen sich die drei auf die Suche nach einem Ersatzredner: Der Rechtsausleger wird, von der migränegequälten Quotenfrau und dem stinkenden Strippenzieher gebrieft, ins Rennen geschickt. Das Nö-Theater lässt die aktuellen AfD-Strategien aufmarschieren: die verbalen Tabubrüche, die gefakten Parteiausschlüsse, das Spiel mit Distanzierung und Anschlussfähigkeit der Partei, die Strategien der Identitären Bewegung und der Szene um das Instituts für Staatspolitik – und zieht sie gnadenlos durch den Kakao. Witz, Slapstick, Kalauer verbinden sich mit der Analyse, wobei erstere gelegentlich letztere überlagert. Höckes Ausbleiben wird zum Verschwinden und verbindet sich mit dem Barbarossa-Mythos. Eine Art Märtyrer scheint geschaffen, der medial ausgeschlachtet wird und die AfD in ungeahnte Höhen der Zustimmung katapultiert – bis alles explodiert.
Der Umgang mit der AfD ist derzeit das meistdiskutierte Thema in der Kulturszene: Dialog oder nicht? Fakten oder Nazikeule? Der Humor ist nicht das schlechteste Mittel und kann sich immerhin auf Ludwig Wittgensteins berühmte Bemerkung vom Humor als Weltanschauung berufen, der in der Nazizeit völlig verschwunden gewesen sei. Nicht die schlechteste Referenz für „Inside AfD“.
„Inside AfD“ | R: Janosch Roloff | 25.-27.1. 20.30 Uhr | Theater Tiefrot | 0221 460 09 11
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