Manchmal passt gerade das Unerwartete zusammen. In der Villa Zanders treffen derzeit Werke der Zeichnerin Jutta Dunkel und des Fotografen Martin Rosswog aufeinander; gemeinsam haben sie eigentlich nur die Herkunft aus der Region. Aber die teils getrennte, teils dialogische Präsentation legt Verwandtschaften frei, die reich an Erkenntnissen über unser Leben, Kultur und Gesellschaft und unsere Beobachtungsgabe sind.
Erinnerung ans Elternhaus
Jutta Dunkel (geb. 1958) ist Zeichnerin, die ihre Sujets im mehrschichtigen Vortrag mit Buntstiften malerisch verdichtet. Das Pigment steht körnig, dabei lichtdurchflutet auf dem strahlend weißen Papier, das sie streckenweise frei lässt. Das ausdauernd Hingebungsvolle der Bildentstehung spiegelt sich in den Darstellungen der Sujets wider, die Jutta Dunkel vereinzelt und als Momentaufnahme mit aller Subjektivität und Entschiedenheit festhält. So zeigt sie aufgeschnittene Früchte, die, noch vergrößert, an das Innere eines Lebewesens erinnern und auf die Vergänglichkeit allen Lebens weisen. Andere Bilder folgen dem Blick durch die Fensterscheibe eines fahrenden Zuges mittels Unschärfen, Verwischungen der Farbe und Fragmenten von Schrift. Am intensivsten sind Jutta Dunkels Zeichnungen im verlassenen, ausgeräumten Elternhaus: Die eigentlich banalen Orte sind mit den Augen und Erinnerungen der Künstlerin so konzentriert und still erfasst, dass sie auratisch empfunden werden.
Rückkehr an dieselben Orte
Davon sind die dokumentarisch angelegten fotografischen Serien von Martin Rosswog (geb. 1950) nicht weit entfernt. Sie nähern sich Lebenssituationen von Anderen und bleiben schließlich auf vorsichtiger Distanz. Sein Leitthema ist das Leben an der urbanen Peripherie, oft auf dem Land und in Siedlungen, die, fern vom Großstädtischen und dessen Infrastruktur, aus dieser Abgeschiedenheit heraus von Tradition geprägt sind. Rosswog reist viel und wiederholt an Orte überall in Europa. Er baut Vertrauen zu deren Bewohnern auf, darf sie und ihre Häuser fotografieren. Ein Aspekt, den er und Jutta Dunkel gemeinsam haben, ist die wiederholte, durch Standort oder Zeit minimal verschobene Sicht auf die gleiche Situation. Rosswog nimmt mitunter Rundum-Erfassungen der Innenräume vor, etwa indem er beiläufigen Strukturen unter den Dachbalken folgt.
Rosswog analysiert, wie Menschen leben und sich in ihrer Geschichte und ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen einrichten. Er beleuchtet das Verhältnis von landschaftlicher Umgebung, Bauweise der Wohnungen und ihren Innenräumen mit ihrer gewöhnlichen Einrichtung, um das Wesen ihrer Bewohner zu erfassen. In der Ausstellung in Bergisch-Gladbach gilt das schon für eine frühe Serie mit s/w-Porträts älterer Persönlichkeiten aus Bergisch Gladbach, die Rosswog Anfang der 1980er Jahre als Projekt für die Aufnahme in der Fotoklasse an der Düsseldorfer Kunstakademie realisiert hat: Die Zeit steht still, wenn wir den Personen gewissermaßen zuhören. Schön auch, dass derzeit in der Photographischen Sammlung im Mediapark Martin Rosswogs Photographien aus Portugal 2009-2011 ausgestellt sind.
„Es wird einmal gewesen sein“ – Jutta Dunkel – Martin Rosswog | bis 22.11. | Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch Gladbach | 02202 14 23 34
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