Schon beim Betreten der Ebertplatzpassage wabern einem sphärische Klänge entgegen. Sie kommen von keinem Lautsprecher, aus keiner Anlage, sondern von einer der seit 2004 defekten Rolltreppen. Denn die Abgänge werden nun zu Kunstwerken am Ebertplatz. Die ersten beiden Projekte sind in den Passagen zu sehen.
Zur Vorgeschichte: Nach der Neugestaltung in den 70er Jahren ist der Platz dann in den 90er Jahren zunächst verwahrlost, die Drogenszene florierte und fünf der acht Rolltreppen wurden nicht wieder repariert. Der Grund: Jede Rolltreppe hätte die Stadt 350.000 € gekostet. Seit gut eineinhalb Jahren besteht nun ein Zwischennutzungskonzept, um den Platz wieder attraktiver zu machen.
„Es ist die Aufgabe des Zwischennutzungskonzeptes, mehr Leben an den Ebertplatz zu bringen“, sagt Barbara Foerster, Leiterin des Kulturamtes Köln. Ein Projekt sind die Rolltreppen, die in ihrer Funktion zweckentfremdet und als Kunstgegenstände neu genutzt werden. Nach einer öffentlichen Ausschreibung werden von insgesamt 53 eingereichten Projekten acht bis 2021 umgesetzt. Dabei führen die Teams selbst Regie und entscheiden, wann sie ihre Werke aufbauen.
Anders als andere Gruppen haben sich die Künstler des Projekts „PASS“ nicht vom Regen abschrecken lassen und eine große Anzahl von LED-Streifen, Kontaktlautsprechern und Lasersensoren verbaut. Entstanden ist dabei eine reaktive Licht- und Toninstallation mit dem Ziel, den Eingang der Passagen heller und freundlicher zu gestalten.
„Wenn man sich der Treppe nähert, wird ein Scan ausgelöst und erst nach wenigen Sekunden darf man dann die Treppe betreten, die dann Stufe für Stufe auf den Durchgang mit Sound und Lichtern reagiert“, beschreibt einer der Künstler Claus Daniel Herrmann das Projekt. Die Treppe kommuniziert mit den Besuchern, die LEDs blinken und leuchten, während die Treppe selbst zum Klangkörper wird. Die vier Künstler inszenieren damit in Zusammenarbeit mit den Werkstätten der International School of Design (KISD) eine Zugangskontrolle, um auch an die Geschichte des Platzes zu erinnern. Aufgrund der schweren Drogenproblematik gab es in der Vergangenheit Forderungen den Platz stärker zu kontrollieren – darauf spielt auch der Name „PASS“ an: Er kann sowohl mit Durchgang als auch mit Ausweis übersetzt werden.
„Gatecrash“ heißt das zweite realisierte Treppenkunstwerk. „Ein Monstrum, das hier abgestürzt ist, wie ein Raumschiff, das hier gelandet ist, ein Fremdkörper, der sich hier reingemogelt hat“ – so beschreibt es Sebastian Hahn, die eine Hälfte des Künstlerduos craus | hahn. 500 Teile in unterschiedlichen Maßen, in schwarz, weiß und neongrün, wurden dafür im Raum über der Rolltreppe „chaosmäßig“ aufgebaut und mit LED-Leisten ausgestattet, die dem Rhythmus von Atemzügen folgen. „So wirkt es technisch und organisch“, erklärt Sandy Craus, die zweite Künstlerin.
Die Treppen-Kunst ragt aus dem Untergrund heraus und ist von Weitem zu sehen. „Ich sehe jetzt das Volumen der Rolltreppe“, erklärt Sebastian Hahn, „und nicht mehr die Rolltreppe selbst. Ich sehe sogar von außen eine Art Leuchtturm, der da rausragt.“ Knapp vier Meter hoch und fünfzehn Meter lang ist das Monstrum geworden.
„Ich glaube, es ist allen Entwürfen gemein, dass sie die Treppe redynamisieren, also dass sie durch Licht oder Bewegung die tote, nichtgenutzte Fläche wiederbeleben“, sagt Nadine Müseler, Referentin für Bildende Kunst im Kulturamt. „Es werden Sehenswürdigkeiten im besten Fall.“ Auch die Anwohner würden mittlerweile ihre Zustimmung zu den Kunstwerken ausdrücken und nicht mehr danach fragen, wann die Rolltreppen endlich wieder funktionieren.
Die Kunstwerke sind zunächst für ein halbes Jahr angedacht, sollen aber länger bestehen, wenn ein entsprechender Bauantrag genehmigt wird. „Als Zwischenfazit kann man soweit ziehen“, sagt Müseler, „dass wir es geschafft haben, ganz viele Kreative und Engagierte in den Zwischennutzungsprozess einzubinden. Alleine 20 Künstler, Architekten, Designer sind an diesen acht Entwürfen beteiligt. Da kommt große Kreativität und Erfahrung zusammen.“
Die ersten beiden Treppen-Kunstwerke werden am Freitag, den 3. Mai um 20.30 Uhr eröffnet. Die Kunsträume in der Ebertplatzpassage sind jetzt zudem täglich von 15 bis 20 Uhr geöffnet.
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