Als Stätte mit „zombieapokalyptischem Umfeld“ versinnbildlichte das Medium Die Zeit im Herbst 2017 den Kölner Ebertplatz. Schon vor dem Erblassen der architektonischen Stilistik des sogenannten „Brutalismus“ zeigte sich das Areal zwischen Eigelstein, Hansaring, Agnesviertel und Rheinufer als nicht geheuer, nutzten die tiefergelegte Betonfläche und ihre verwinkelten Angsträume gerne Dealer für ihre Drogengeschäfte. Infolge von Banden-Konflikten kam es in den vergangenen Jahren gar zu Tötungsdelikten. Mit einer Aktivierung der im Mittelpunkt befindlichen wasserkinetischen Plastik – einer Brunnenanlage des Künstlers Wolfgang Göddertz – sollte die Lebensfreude auf dem Platz wieder in Fluss kommen. Zumindest Bewegung hat auf das Terrain Einzug gehalten. Regelmäßige Spielaktionen für Kinder, initiiert unter anderem durch das nahegelegene Kulturzentrum Alte Feuerwache, oder regelmäßige Kunstausstellungen des Brunnen e.V. sorgen für neue Perspektiven, wenngleich noch reichlich Luft nach oben ist, erklären involvierte Kuratoren sowie Sozialarbeiterinnen, mit denen choices über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Ortes sprach.
Anstatt der geplanten zehn realisierte Ihsan Alisan 17 Ausstellungen in seiner Galerie Mouches Volantes, mit der er seit 2020 zeitgenössischen Künstler:innen eine Plattform bietet. Für eine positive Jahresbilanz des Kurators sorgten dabei auch andere Platz-Veranstaltungen: „Das Winterprogramm hat mit Familienaktionen viele Leute angelockt. Davon haben wir profitiert, denn dadurch konnten wir Menschen erreichen, die sonst nicht in eine Galerie kommen“, berichtet Alisan. Zudem zahle sich die Kooperation zwischen dem Mouches Volantes sowie der benachbarten Galerien Gold + Beton, Gemeinde Köln und Labor Ebertplatz aus. Zusammen teilt man sich mit Unterstützung der Stadtverwaltung die Kosten für eine Aufsichtskraft und realisiert damit tägliche Öffnungszeiten zwischen 15 und 20 Uhr. Für 2023 kündigt der Kunstvermittler Projekte unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit an. Die Wiederverwertung von Produkten und ein effektiver Minimalismus sollen den Raum für Kunst nachhaltig erweitern. „Ich habe wieder zehn Projekte geplant, aber es wird vermutlich mehr, verweist Ihsan Alisan auf seine verlässliche Kalkulationsschwäche. Den Jahresauftakt in der Stätte gestaltet bis zum 18. Februar das Künstlerkollektiv Tannhäuser Kreis, das sich in seinen Arbeiten mit rechten Tendenzen beschäftigt.
Grundsätzlich positiv bewertet auch Birgit Breuer die Entwicklungen zu einem besucherfreundlicheren Ebertplatz. Nach dreijähriger Partizipation im Rahmen der Zwischennutzung des Ortes sei ein Aufwärtstrend hinsichtlich der Platzbelebung zu erkennen, so die Leiterin des Kinder- und Familienbereichs der Alten Feuerwache. Angebote wie das letztjährige Winterfest mit Betätigungsmöglichkeiten wie Eisstockschießen, Rätselspielen aber auch Lesungen und Artistik trafen demnach den Nerv vieler Anwohner:innen und Auswärtiger. „Eine Fortsetzung dieses Programms fänden wir sehr sinnvoll, denn ein Brunnen alleine reicht nicht“, hebt Breuer das Gemeinschaftsprojekt der Stadt Köln, der Alten Feuerwache, Brunnen e.V., Unser Ebertplatz sowie weiteren Akteuren hervor.
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