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Moderator Hektor Haarkötter, Barbara Ruscher und Wilfried Schmickler diskutieren im DLF
Foto: Nina Hensch

Über Glaubwürdigkeit, Bashing und verlorene Zielgruppen

07. Juni 2017

3. Kölner Forum für Journalismuskritik im Deutschlandfunk – Spezial 06/17

Was haben der Journalismus und seine Akteure falsch gemacht? Wie kann es zu starken populistischen Parolen kommen? Wieso glaubt jeder, er könne Politik besser machen? Was ist mit denen, die sich von den Medien abgewendet haben? Der Deutschlandfunk hat beim 3. Kölner Forum für Journalismuskritik nach Antworten gesucht.

Die erste Talkrunde zum Thema „Achtung, Satire“ vereint am 2. Juni die Kabarettprofis Barbara Ruscher und Wilfried Schmickler, den kabarettistischen Autor Dr. Dietmar Jacobs und den Medienwissenschaftler Dr. Gerd Hallenberger. Alle Symposiumsteilnehmer auf dem Podium informieren sich regelmäßig konventionell oder über Zeitungen mit Lokalkolorit, wie die Süddeutsche, die taz oder den Kölner Express. Ob Satire etwas Politisches hat? Da gehen die Meinungen auseinander. Schmickler plädiert für ein gründliches Nachdenken und die Entwicklung einer eigenen Haltung. „Ich heiße es nicht gut, wenn auf Biegen und Brechen Witze gemacht werden“, sagt er. Jacobs hingegen glaubt, dass „das Kabarett politischer geworden ist“. Je nach Redaktion gebe es unterschiedliche Tendenzen, mal mehr, mal weniger journalistisch, so der Autor für Formate wie „extra 3“ und die „heute-show“. Bashing werde dabei vermieden. „Es sei denn, der Gag ist extrem gut“, äußert er. Können Formate mit trivialem Inhalt denn überhaupt etwas vermitteln? Diesen Vorwurf weist Hallenberger entschieden ab: „Wir lernen ständig. Strukturieren es, ordnen es ein.“ Ehe eine Information zu Wissen werde, müsse sie in Kontexte eingebettet sein. „Witz kommt von Wissen. Einerseits brauche der Autor viel Wissen, aber auch der Zuschauer. Denn er muss es interpretieren können.“

Zum Thema „Fake News“ sitzen beim 2. Talk DLF-Intendant Willi Steul, RTL-Chefredakteur Michael Wulf, Investigativjournalist Günter Wallraff und die taz.gazete-Journalistin Ebru Taşdemir auf der Bühne. Wie können Journalisten es schaffen, dass sich bestimmte Gruppen durch die Medien wieder repräsentiert fühlen? Das Problem einerseits: „Die Mitglieder in den Redaktionen werden gezüchtet aus der Bildungsbürgerblase“, so Steul. Andererseits gebe es viele Vorurteile, die befeuern würden, dass Medienschaffende mit Migrationshintergrund nur schlecht in Redaktionen gelangen, ergänzt Taşdemir. Damit das trotzdem gelingt, dafür engagiert sie sich bei „Neue deutsche Medienmacher“. Man habe die türkische Community als Zielgruppe verloren, da es keine öffentlich-rechtlichen Sender auf Türkisch gäbe. Wallraff rät „aktiv in die Gruppen reinzugehen, die sich abspalten.“ Das versuche RTL schon, indem der Sender Wohnungen anmiete, in denen er Redakteure mit Menschen aus den Vierteln zusammen bringe, so Wulf.

Während der letzten Talkrunde diskutiert Anja Backhaus vom WDR mit Anne Burgmer vom Kölner Stadt-Anzeiger, journalist-Chefredakteur Matthias Daniel und Stefan Schulz, dem Autor des Buchs „Redaktionsschluss“ zum Thema „Medienjournalismus“. Was sich geändert hat: „Heute publizieren viele Menschen selbst und Journalisten müssen diese Informationen einordnen“, sagt Daniel. „Wenn ich mich heute über neue Themen informiere, gehe ich auf twitter, wo ich früher in die Zeitung geguckt habe.“ Sobald der Vorwurf Lügenpresse auftauche, werde schnell die Forderung nach Glaubwürdigkeit laut. Schulz kritisiert die Umsetzung im Ansatz: Die tagesschau müsse nicht ihr Studio noch blauer machen oder das ZDF den Moderator vors Kanzleramt stellen. „Noch hat die tagesschau acht Millionen Zuschauer. Aber es wächst keiner mehr nach“, so Schulz kritisch. Damit die Berichterstattung wirke, wünscht sich Daniel einen offeneren Umgang mit den Usern. Das bedeute auch, Fehler einzugestehen: Konzepte à la „Das wissen wir, das wissen wir noch nicht“ wären erste Antworten.

Höhepunkt der Veranstaltung ist die Vergabe des Wallraff-Preises. Zum ersten Mal überreicht ihn Günter Wallraff selbst. Er geht unter anderem an den in der Türkei inhaftierten Journalisten Ahmet Şık. Mit den bewegenden Worten: „Die Wahrheit lässt sich nicht einsperren“ – gelesen von seiner Ehefrau.

Der Zuschauer hat im Deutschlandfunk den Eindruck, es werde nur an der Oberfläche gekratzt. Was fehlt sind konkrete Handlungsansätze. Wie begegne ich als Journalist beispielsweise den Fake News? Wie wichtig sind Gegendarstellungen? Das 3. Kölner Forum für Journalismuskritik bleibt an dieser Stelle hinter seinen Möglichkeiten zurück. Akteure und solche, die es werden wollen, erfahren nur, dass an die Vernunft der User appelliert wird, richtig von falsch zu trennen. Wie schwer das fällt, wissen Journalisten selbst nur zu gut.

Nina Hensch

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