Es gibt Inszenierungen, da traut man seinen Augen und Ohren nicht. Johannes Schütz, den man als Bühnenbildner von Jürgen Gosch, Karin Beier oder Roland Schimmelpfennig kennt, inszeniert am Schauspiel Köln „Phädra“ von Jean Racine.
Ein Dekadent verirrt sich in den Mythos. Orest läuft das Blut über den Oberkörper, er stellt die abgeschlagenen Köpfe seiner Mutter und ihres Liebhabers auf, sieht die Rachegöttinnen, die Erinnyen, herannahen – und bleibt die Ruhe selbst.
Die Schauspielerin Aurelie (Lisa Bühl) verzweifelt an ihrer Liebe zu Lothario. Bei den Proben zu „Hamlet“ ist sie ein Nervenbündel oder einfach eiskalt – bis ihr Kollege Wilhelm Meister (Jonas Baeck) sie zu einem Wutausbruch provoziert.
Unnachahmliche Mischung aus Musik und Nonsens: Helge Schneiders musikalische Standup-Comedy bleibt ein meisterliches Unikat, wie seine laufende „Buxe voll“-Tour unter Beweis stellt.
Warum stürzen sich die Theater zwar auf Ibsen, aber kaum auf diesen Text, der so den Nerv der Zeit trifft? Ein Badearzt deckt auf, dass das Wasser im Heilbad vergiftet ist, für dessen Lage neben dem Wasserkraftwerk sein Bruder, der Bürgermeister, verantwortlich ist.
Das feierliche Läuten der Domglocken und die Stimme eines Kommentators im Ohr, der beschreibt, was in diesem Moment geschieht. Ich gehe in die Kathedrale, sehe trauernde Menschen, festlich gekleideten Klerus, höre das Kyrie – Stopp. Moment.
M wie Money. Fest umklammert Papa Harpagon den blauen Buchstaben aus dem Wort HOME, das in großen Lettern auf der Bühne im Theater der Keller steht. Geld ist ihm sein Lebensinhalt, sein Sohn Cléanthe nennt ihn deshalb einen Kotzbrocken und hätte doch so gern sein Stück vom Kuchen.
Zwei Schimmel stehen im Innenhof des ehemaligen Bonner Behördenhauses und knabbern Grünzeug. Ein Stromzaun beschneidet ihre Freiheit. Ein ebenso weißer Gattungskollege aus Pappmaché hat dafür weiter hinten einen Lampenschirm auf dem Kopf, dazu wandert der Polizeichor in Uniform und baumelnder Knarre im Viereck und singt wie Beethovens Gefangenenchor. Oh welche Lust?
Die drei Figuren in Ingeborg von Zadows Stück stehen fürs Anders-Sein, und zusammen flüchten sie sich in eine Phantasiewelt. „Über Lang oder Kurz“ scheint einfach gestrickt, fasziniert aber durch seine hintergründige und phantasievolle Inszenierung. So ist es nicht nur für Kinder 6+, sondern auch Erwachsene überaus sehenswert.
Zum elften Mal laden Kölns kleine und große Bühnen zur Theaternacht - und wer einmal das Vergnügen hatte, sich in den unterschiedlichsten Häusern freundlich empfangen und künstlerisch bewirten zu lassen, liebt diese Veranstaltung.
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater am Rhein 01/25
Ausweg im Schlaf
„Der Nabel der Welt“ in Köln – Theater am Rhein 01/25
Klamauk und Trauer
„Die Brüder Löwenherz“ in Bonn – Theater am Rhein 01/25
Ein Bild von einem Mann
„Nachtland“ am Theater Tiefrot – Theater am Rhein 12/24
Fluch der Stille
„Ruhestörung“ am TdK – Theater am Rhein 12/24
Im Land der Täter
„Fremd“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 12/24
Das Mensch
„Are you human“ am TiB – Theater am Rhein 12/24
Wege in den Untergang
„Arrest“ im NS-Dokumentationszentrum Köln – Theater am Rhein 10/24
Bis der Himmel fällt
Franz Kafkas „Der Bau“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 09/24
Feder statt Abrissbirne
„Fem:me“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 07/24
Der Untergang
„Liquid“ von Wehr51 – Theater am Rhein 07/24
Gefährlicher Nonsens
Kabarettist Uli Masuth mit „Lügen und andere Wahrheiten“ in Köln – Theater am Rhein 07/24
Den Schmerz besiegen
„Treibgut des Erinnerns“ in Bonn – Theater am Rhein 07/24
Alles über Füchse
„Foxx“ in den Ehrenfeldstudios – Theater am Rhein 07/24
Vergessene Frauen
„Heureka!“ am Casamax Theater – Theater am Rhein 06/24
Freiheitskampf
„Edelweißpiraten“ in der TF – Theater am Rhein 06/24
Menschliche Eitelkeit
„Ein Sommernachtstraum“ in Köln – Theater am Rhein 06/24
Die Grenzen der Freiheit
„Wuthering Heights“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 06/24
Erschreckend heiter
„Hexe – Heldin – Herrenwitz“ am TiB – Theater am Rhein 05/24
Verspätete Liebe
„Die Legende von Paul und Paula“ in Bonn – Theater am Rhein 05/24
Schöpfung ohne Schöpfer
Max Fischs Erzählung „Der Mensch erscheint im Holozän“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 05/24
Zeit des Werdens
„Mädchenschrift“ am Comedia – Theater am Rhein 05/24
Für die Verständigung
Stück für Gehörlose am CT – Theater am Rhein 03/24
Im Höchsttempo
„Nora oder Ein Puppenhaus“ in Bonn – Theater am Rhein 03/24
Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24